Ministerpräsident in RLP und Thüringen

Mittler zwischen West und Ost - Bernhard Vogel wird 90

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Unter den deutschen Politikern ist er ein Unikat: Bernhard Vogel. Er hat zwei Bundesländer regiert, Rheinland-Pfalz und Thüringen, West und Ost. Jetzt wird er 90 Jahre alt.

Man kann Geschichtsbücher lesen - oder Bernhard Vogel zuhören. Wenn der CDU-Politiker über die wilde Zeit nach der Wiedervereinigung in Thüringen spricht oder über die Nachkriegsanfänge des neuen Bindestrichlands Rheinland-Pfalz, ist das spannender als jedes Dokudrama.

Denn: Vogel war dabei. Er hat deutsche Schlüsselmomente nicht nur erlebt, sondern mitgestaltet. An diesem Montag wird Vogel 90 Jahre alt.

Vogel ist Rekordhalter als Ministerpräsident

Die deutsch-deutsche Geschichte prägte seinen Werdegang: Sieben Mal hat Bernhard Vogel in seiner Zeit in Mainz und Erfurt den Amtseid als Ministerpräsident abgelegt. Damit ist er der deutsche Nachkriegspolitiker mit der wohl längsten Amtszeit als Ministerpräsident.

Er führte mehr als 23 Jahre CDU-Alleinregierungen oder Koalitionen mit FDP und SPD. "Mainz war ein Wagnis. Thüringen war ein Abenteuer", erinnert sich der CDU-Politiker heute.

Feiern in zwei Bundesländern

Davon ist auch bei der Feier zu seinem Ehrentag am Montag viel die Rede: Zum Geburtstag hatte die CDU Rheinland-Pfalz nach Speyer eingeladen. Der CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf bezeichnete Vogel als wichtigen Freund und Förderer. Er sei gleichzeitig Pfälzer, Deutscher, Europäer und Weltbürger, so Baldauf. 

Zwei Tage später lädt die Thüringer CDU auch nach Erfurt. "Ich habe lange keinen Gedanken auf diesen Tag verwendet", sagt Bernhard Vogel. "In meinem Alter ist es nicht so sicher, dass man ihn erlebt."

Bernhard Vogel (l., CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, bekommt Blumen von CDU-Landeschef Christian Baldauf
Bernhard Vogel (l., CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, bekommt Blumen von CDU-Landeschef Christian Baldauf

"Gott schütze Rheinland-Pfalz"

Nachfolger von Helmut Kohl in Rheinland-Pfalz

Sieben Jahre nach seiner Ernennung zum Kultusminister von Rheinland-Pfalz im Jahr 1967 übernahm Vogel von Helmut Kohl den Vorsitz der Landes-CDU, zwei Jahre später auch den Regierungssessel in Mainz. 1988 verließ er die Staatskanzlei, nachdem er in der CDU Rheinland-Pfalz einen offenen Machtkampf verloren hatte.

In Erinnerung sind seine legendären Abschiedsworte "Gott schütze Rheinland-Pfalz". Nach dreijähriger Pause war er dann noch mehr als elf Jahre Ministerpräsident in Thüringen, von 1992 bis 2003.

"Die Idee, in einem anderen deutschen Land Ministerpräsident zu werden, war so abwegig, dass sie lange niemand hatte", erzählt Vogel. "Es war auch nicht mein Verdienst, sondern entsprach einer ungewöhnlichen historischen Situation", erinnert sich Vogel.

Gäste klatschen stehend beim Festakt in Speyer für Ex-Politiker Bernhard Vogel
Sein 90. Geburtstag wird in Speyer von der CDU gefeiert. Anwesend waren unter anderem CDU-Landeschef Christian Baldauf (re.) und Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts (links von Vogel). Bild in Detailansicht öffnen

Von der Wissenschaft in die Politik

Ursprünglich wollte Vogel gar nicht Politiker werden. 1932 wurde er in Göttingen geboren, verbrachte seine Kindheit in Gießen und München. Nach Studium und Promotion arbeitete der Politologe zunächst am Institut für Politische Wissenschaft Heidelberg. In dieser Zeit wurde er zur Kandidatur für den Stadtrat ermuntert - der erste Schritt seiner politischen Karriere. Zwei Jahre später kandidierte er bereits für den Bundestag.

Wäre der junge Bernhard Vogel mit dem älteren Bernhard Vogel zufrieden? "Das kann ich nicht beantworten. Ich hätte ja auch einen ganz anderen Weg gehen können", sagt er heute. "Ich glaube aber allerdings, dass ich in der Politik mehr bewirken konnte als als Wissenschaftler."

Urgestein der politischen Landschaft

Seit Jahrzehnten ist der Junggeselle in Speyer zuhause. Heute ist Bernhard Vogel ein Urgestein in der politischen Landschaft. Ein politischer Kopf ist Vogel, dessen Bruder Hans-Jochen (1926-2020) SPD-Chef war, auch im Ruhestand geblieben.

Laute Töne sind nicht Vogels Sache. Mit seiner Erfahrung als Mittler zwischen West und Ost bewertet Vogel auch die aktuellen Krisen. "Der Ukraine-Krieg und anderes lassen mich häufiger an das Ende des Zweiten Weltkriegs denken." Doch er will der jungen Generation auch Mut machen. "Wir haben das damals geschafft. Warum solltet ihr die heutigen Herausforderungen nicht meistern?"

Bürger sollen sich engagieren: "Dinge mutig anpacken"

Doch trotz der Ruhe des Alters rät er heute zu mehr Entschlossenheit. Krisen habe es immer gegeben. So lange lägen die schwersten Jahre für dieses Land noch nicht zurück. Er habe sie noch selbst miterlebt. Und auch Populisten und Extremisten hätten die Demokratie immer schon bedroht. "Wir werden die Probleme unserer Zeit erst lösen, wenn wir mutig die Dinge anpacken, so wie es die Generation nach dem Krieg gemacht hat", sagt Vogel.

Beim Festakt in Speyer zu seinem 90. Geburtstag bedankte sich Vogel vor allem bei seinen Wählerinnen und Wählern und rief dazu auf, sich ehrenamtlich oder politisch in der Gesellschaft zu engagieren, um die Demokratie zu stärken.

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SWR