Die steigenden Energiepreise treffen Bäcker besonders hart. Manche befürchten, dass bei ihnen der Ofen ausgehen könnte.

Extreme Kostensteigerungen für Bäckereien

Energiekrise: Geht dem Bäcker bald der Ofen aus?

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Die steigenden Energiepreise treffen Bäcker besonders hart. Manche befürchten, dass bei ihnen der Ofen ausgehen könnte. Von der Politik fühlen sie sich allein gelassen.

Bäcker Tobias Ehses weiß nicht, wie er über den Winter kommen soll. Es sind vor allem die extrem gestiegenen Gaspreise, die ihm große Sorgen machen. Letztes Jahr habe er für Gas im Monat einen Abschlag von rund 560 Euro gezahlt. Dann ging es hoch auf 1.500 Euro. "Und jetzt haben sie es hochgesetzt auf 3.900 Euro. Das ist ein kräftiger Schlag", sagt er in der Backstube seiner Bäckerei "Backstuff" in Reinsfeld im Hochwald.

Stark gestiegene Kosten für Strom und Zutaten

"Wie soll man das als Kleinbäcker mit all den anderen gestiegenen Preisen auffangen?", fragt er und listet auf, was sich innerhalb von einem Jahr verteuert hat. Es ist quasi alles, was er zum Backen braucht. Für Strom zahlt er doppelt so viel, für Mehl gut 60 Prozent mehr. Höhere Kosten hat er auch bei Sahne, Butter, Öl, Körnern.

"Ich kann das gar nicht eins zu eins an meine Kunden weitergeben", sagt der 42-Jährige, der die im Jahr 1925 gegründete Bäckerei in dritter Generation führt. Bei der Innung des Bäckereihandwerks meldeten sich zurzeit auch immer mehr Bäcker, bei denen "die Not auch sehr groß ist", sagt Ehses, der stellvertretender Obermeister der Innung im Kreis Trier-Saarburg ist. "Die Angst um den Fortbestand wird jetzt auch wirklich ausgesprochen. Und zwar sogar von gesunden Bäckereien."

"Ich kann das gar nicht eins zu eins an meine Kunden weitergeben."

Extrem schwierige Monate für Bäckereien durch "Kosten-Tsunami"

Er geht davon aus, dass "jetzt noch mal eine große Welle kommen wird, wo viele Bäcker aufgeben müssen". Bereits in den vergangenen Jahren haben viele Bäcker im Zuge eines Strukturwandels und wegen wachsender Konkurrenz zu Discountern und Backshops dicht gemacht. Gab es nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks in 2006 noch 1.104 Bäckereien in Rheinland-Pfalz, waren es in 2012 dann 881 und in 2021 noch 581. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr noch knapp 10.000 in die Handwerksrolle eingetragene Betriebe.

Das Bäckerhandwerk befinde sich "in einem Kosten-Tsunami" und stehe vor "extrem schwierigen Monaten", sagt auch die Sprecherin des Verbandes in Berlin. "Wir fordern, dass die Politik unsere Betriebe mit ihren rund 250 000 Beschäftigten nicht allein lässt und das tägliche Brot auch weiterhin bezahlbar bleibt." Die Bundesregierung müsse die Betroffenheit von Handwerksbäckereien als Härtefall anerkennen. "Wir erwarten einen finanziellen Rettungsschirm, der schnell und spürbar entlastet."

Bäckereien müssen Preise erhöhen

Bäcker Ehses sagt, für ihn sei der "sprunghafte Anstieg der Kosten das Schlimmste". Bisher sei er jedes Jahr mit einem Umsatz von rund 400.000 Euro null auf null rausgekommen. Jetzt aber gehe es ans Eingemachte. Vor einer Weile habe er seine normalen Brötchen um 5 Cent teurer gemacht, die Körnerbrötchen um 10 Cent, die Brote um 10 bis 15 Cent. "Die meisten reagieren verständnisvoll", sagt er. Und er wisse, dass er die Preise demnächst noch mal erhöhen müsse.

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Die Öffnungszeiten zu reduzieren sei für ihn keine Lösung, um Kosten zu sparen. Morgens sei er mit seinen Backwaren viel mobil mit einem Wagen auf Märkten unterwegs. Er schaffe es ohnehin nur, den Laden am Laufen zu halten, weil seine Familie, vor allem Mutter und Bruder, im Betrieb mitarbeiteten. "Ohne die hätte ich schon aufgehört." Wegen der gestiegenen Kosten will er jetzt in seinem Laden eine "Energiekasse" aufstellen, in die Kunden, die mögen, Geld werfen können, um ihn zu unterstützen.

"Ich kann nichts anderes tun, als zu versuchen, durchzuhalten." Wenn das am Ende nicht gelinge und er aufgeben müsse, dann sei es eben so. "Dann kann ich sagen, ich habe alles versucht und mein Bestes gegeben." Der Landesinnungsmeister des Bäckerinnungsverbandes Südwest, Hermann Paul, sagt in Steinfeld in der Pfalz zu den gestiegenen Kosten: "Das sind Dimensionen, die wir bisher noch nicht hatten. Keiner hat so was bisher erlebt." Mit einzelnen Preissteigerungen konnte man in der Vergangenheit schon umgehen. "Aber wenn alles auf einmal kommt, ist es immer extrem schwierig." Er geht davon aus, dass sich der Rückgang der Betriebszahlen dieses Jahr "drastisch beschleunigen" werde.

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