Bei einer turnusgemäßen Wahl wurde der 46-jährige Bollinger zum Nachfolger von Michael Frisch gewählt, den er schon als Landesvorsitzenden abgelöst hatte. Frisch erklärte daraufhin, aus der AfD-Fraktion austreten zu wollen. Auch der Abgeordnete Martin Louis Schmidt erklärte nach Fraktionsangaben seinen Austritt.
Bollinger: Erwarte Rückgabe des Mandats
Bollinger sagte, er erwarte, dass Frisch und Schmidt ihre Mandate abgeben. Es sei bedauerlich, dass Mandatsträger demokratisch gefällte Entscheidungen und vereinbarte Wahlen nicht akzeptieren könnten, so der Politiker aus Neuwied. "Insofern begegne ich dem Austritt mit Unverständnis."
Ex-Fraktionschef Frisch: "Massiver Vertrauensbruch"
Michael Frisch reagierte mit großer Verärgerung auf seine Abwahl. In einer ersten Reaktion sprach der 66-Jährige von einem "massiven Vertrauensbruch". Ihm zufolge gab es eine Absprache, dass er bis kurz vor der nächsten Landtagswahl Fraktionsvorsitzender bleiben könne: "Es gab diese klare Vereinbarung, dass wir in zeitlicher Nähe zur Landtagswahl einen einvernehmlichen Wechsel an der Spitze vornehmen."
Bollinger: "Den Deal hat es nicht gegeben."
Bollinger erklärte dagegen: "Diesen Deal hat es so nicht gegeben. Das weiß Herr Frisch auch seit langem, dass eine Mehrheit der Fraktion das anders wahrnimmt als er. Wir müssen zuerst unser Land sehen, dann die Partei und dann den Einzelnen."
Frisch kündigte an, sein Mandat zu behalten. Der ebenfalls aus der Fraktion ausgetretene Abgeordnete Schmidt sagte, es sei ein Unding, dass man den Fraktionschef zur Mitte der Legislaturperiode absetze.
Bollinger: Zusammenarbeit von Fraktion und Landesverband stärken
Er kündigte an, er wolle als Vorsitzender der Fraktion und des Landesverbands "deren Zusammenarbeit weiter verbessern, um gemeinsam gestärkt in die kommenden Wahlen zu gehen." Zu Bollingers Stellvertreterin wählten die Abgeordneten die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion, Iris Nieland. Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion bleibt Damian Lohr.
Bollinger hatte Frisch bereits im vergangenen Jahr als Parteichef der rheinland-pfälzischen AfD abgelöst. Wann Frisch nach diesem Abgang auch den Fraktionsvorsitz im Landtag verlieren würde, galt Beobachtern als eine Frage der Zeit.
Der 66-Jährige hatte das Amt des Parteichefs von 2019 bis 2022 inne. Der Fraktion stand er seit dem Jahr 2021 als Vorsitzender vor. Die AfD-Fraktion hat nun noch sechs Abgeordnete. Zuvor hatte bereits Matthias Joa im Jahr 2021 seinen Austritt aus Partei und Fraktion erklärt.
SPD-Fraktion: AfD in RLP wird nun dem Höcke-Kurs folgen
Der Generalsekretär der SPD in Rheinland-Pfalz, Marc Ruland, sagte, mit Bollinger an der Spitze werde die rheinland-pfälzische AfD dem Kurs des Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschefs Björn Höcke folgen.
Ähnlich äußerte sich die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler: "Wenn eine Fraktion von einer Person geführt wird, die 2021 in einem Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz im Kontext 'Muslimfeindliche Aussagen und Positionen' geführt wird, die im rheinland-pfälzischen Plenum immer wieder durch rechten Populismus auffällt und sich generell durch das Schüren ausgrenzender Ressentiments auszeichnet, dann lässt das für die Zukunft Schlimmstes erahnen."
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