2024 soll das Jahr der Nachricht sein. Dazu hat die Initiative "Use The-News" aufgerufen. Ihr gehören neben Printmedien und Landesmedienanstalten auch die ARD an. Zu den Zielen stand der aktuelle ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Kai Gniffke SWR Aktuell Rede und Antwort.
SWR Aktuell-Moderator Pascal Lechler hat mit Kai Gniffke, SWR-Intendant und derzeitiger ARD-Vorsitzender, über das Jahr der Nachricht gesprochen.
SWR Aktuell: Warum soll 2024 das Jahr der Nachricht sein – was ist der Anlass dafür?
Kai Gniffke: Weil im nächsten Jahr unser Grundgesetz 75 Jahre alt wird? Und einer der Pfeiler unseres Grundgesetzes ist ja die Meinungs- und die Pressefreiheit. Das heißt, wir wollen im nächsten Jahr noch mal Wert darauflegen, wie wichtig freier Zugang zu Informationen ist.
Freier Zugang zu Informationen ist die Basis für unser Zusammenleben, für Meinungsbildung, für Demokratie. Und am Ende hat dieser freie Zugang zu Informationen unser Land auch groß und leistungsfähig gemacht.
Wir wollen außerdem darauf hinweisen, dass das alles nicht selbstverständlich ist. Denn wenn man sich gerade im Ausland ein bisschen umguckt, wo Pressefreiheit gefährdet ist, wo auch der freie Zugang zu Nachrichten gefährdet ist, dann muss man sagen: Auch wir müssen jeden Tag erneut für diese Freiheit kämpfen. Dafür ist das Jahr der Nachricht da.
SWR Aktuell: Was wollen Sie denn grundsätzlich mit der Initiative „Use The News“ erreichen?
Gniffke: Wir wollen Bewusstsein für den Wert von Qualitätsnachrichten schaffen. Das sind Nachrichten, die nach bestimmten ethischen Standards und handwerklichen Standards entstanden sind. Diese Standards werden kontrolliert und beaufsichtigt.
Zu den Qualitätsmedien mit Qualitätsnachrichten gehören zum Beispiel auch unsere Kollegen von der Tageszeitung dazu – genauso wie Radio- und Fernsehveranstalter. Das wollen wir anderen Anbietern gegenüberstellen, die nicht nach diesen Standards arbeiten. Bei denen ist die Quellenangabe nicht ganz so wichtig und bei denen kann auch gerne mal ein Gerücht in die Welt gesetzt werden. Dafür wollen wir das Bewusstsein schaffen. Das wollen wir mit dem Jahr der Nachricht erreichen.
SWR Aktuell: Wie sollen junge Menschen in dieses Projekt eingebunden werden?
Gniffke: Wir werden in Hamburg einen Newsdesk etablieren, an dem insbesondere junge Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedenen Medienhäusern zusammenarbeiten und junge Nachrichtenangebot machen. Das heißt: sie sollen Nachrichten machen, wie sie glauben, dass es für ihre Generation passend ist. Sie sollen genau darauf achten: Was erwarten junge Menschen? Was interessiert sie? Was nutzt Ihnen möglicherweise auch?
Sie sollen neue Formen von Nachrichten ausprobieren. Das muss nicht das große neue Ding im Netz werden. Aber wir wollen Erfahrungen sammeln und vor allen Dingen wollen wir zusammenarbeiten: die Printhäuser, die Radiohäuser, die Fernsehanbieter, die vielen Online-Angebote. Wir wollen einfach voneinander lernen. Das ist der Sinn dieses Newsdesks.
SWR Aktuell: Das Projekt ist ja nicht völlig neu. Wie wurde es bislang von jungen Menschen angenommen?
Gniffke: Bislang haben wir eher Grundlagenforschung betrieben. Wir haben zwei Studien in Auftrag gegeben, bei denen wir mehr über Nachrichtennutzung von jungen Menschen erfahren wollten. Die Erkenntnisse waren sehr ernüchternd. Es wird kaum ein Unterschied zwischen Influencern und Nachrichtenredaktionen gemacht – jedenfalls was die Nutzung betrifft.
Insofern haben wir wichtige Erkenntnisse gewonnen und die wollen wir jetzt im Jahr der Nachricht umsetzen und in neue Angebote fließen lassen. Ziel ist es, den Nachrichtenkonsum bei jungen Menschen anzuregen und sie vor allen Dingen zu sensibilisieren, wer das ist, der mir eine Nachricht anbietet.
SWR Aktuell: Es geht um Nachrichtennutzung. Viele Menschen ertragen die Nachrichten nicht mehr, weil sie so negativ sind. Sie schalten bewusst ab oder gar nicht mehr an. Welche Rolle spielen in Zukunft positive Nachrichten?
Gniffke: Die Bewertung was positiv und negativ ist, sollten wir dem Publikum überlassen. Das haben wir nicht auszusuchen – nach dem Motto: Jetzt mache ich mal etwas Positives. Denn was für den einen positiv erscheint, ist für den anderen ein Granatenfehler. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Menschen die Welt so versuchen zu vermitteln, wie sie ist - so objektiv und so unparteiisch, wie wir das vermögen.
Ich habe alles Verständnis dieser Welt dafür, dass man sagt: Ich kann es jetzt alles nicht mehr hören. Aber das hilft doch nichts. Das Bewusstsein, das wir erzeugen, verschließt nicht die Augen vor der Realität, sondern versucht sie besser zu verstehen. Da haben wir Medienanbieter eine große Verantwortung. Wir können die Dinge noch besser klären. Wir können sie verständlicher machen. Wir können versuchen, Zusammenhänge zu erklären. Vor allen Dingen müssen wir mit allem, was wir haben, mit dem Vertrauen, das wir genießen, dafürstehen, dass wir Fälschung und Wirklichkeit auseinanderhalten. Denn das wird die große Frage der Zukunft sein: Gelingt es Menschen künftig noch Fälschung und Wirklichkeit auseinanderzuhalten oder schwindet jegliches Vertrauen und damit im Prinzip auch die Basis für jegliches soziales Zusammenleben. Das wird eine große Zukunftsfrage sein.