Heuschnupfen ist die häufigste allergische Krankheit in Europa. Jede zehnte Krankschreibung in Deutschland lässt sich auf Allergien zurückführen, bilanziert die gemeinnützige Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF). Das Robert Koch-Institut (RKI) schätzt, dass rund ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands unter Allergien leidet.
- Wann blüht was im Südwesten
- Appell für eine allergiefreundliche Stadt
- In Rheinland-Pfalz gibt es keine Pollenmessstation
- Ursachen für Pollenallergien sind vielfältig
- Was Allergiker tun können
- Darmbakterien gegen Pollenallergie
Wann blüht was im Südwesten?
Wegen des Klimawandels beginnt die Pollensaison immer früher im Jahr und dauert auch länger. "Die Haselblüte hat sich im Zeitraum 1991-2020 im Vergleich zu 1961-1990 in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz um ca. 2,5 Wochen verfrüht und blüht heutzutage im Durchschnitt Anfang bis Mitte Februar", sagt Christina Endler Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg im Breisgau.
Im Südwesten haben die Haselsträucher 2024 ihre Blüte tatsächlich schon fast hinter sich. Menschen, die auf Haselpollen allergisch reagieren, können etwas aufatmen. Aber Eibe und Erle stehen in den nächsten Tagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg in voller Blüte. "Erlenpollen sind derzeit das Allergen Nummer Eins in der Luft, sagt Matthias Werchan, Pollenanalytiker der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID). Auch der Pollenflug von Pappel, Ulme und Zypressengewächsen weitet sich im Südwesten aktuell aus.
Im Frühsommer - Mai, Juni - sind es dann die Gräserpollen, die Allergikern zu schaffen machen. 2022 war nach PID-Angaben das stärkste Gräserpollenjahr in Deutschland seit 2001 und 2023 das zweitstärkste. Beifußpollen waren 2023 allerdings weniger in der Luft als im langjährigen Durchschnitt. Bei Ambrosia bleibt die Belastung in der Luft seit Jahren etwa gleich hoch. Die Pflanze gilt als besonders allergen.
Appell für eine allergikerfreundliche Stadt
Pollenanalytiker und Allergologinnen appellieren an die Kommunen, allergikerfreundliche Bäume und Sträucher zu pflanzen. Es werde zwar zunehmend darauf geachtet, hitze- und trockenheitsresistente Bäume zu pflanzen, ob Menschen auf ihre Pollen allergisch reagieren, werde aber bisher zu wenig beachtet. "Es ist unbedingt sinnvoll, viel Grün in der Stadt zu haben. Aber Pollenschleudern wie Birken sollten tunlichst vermieden werden", fordert Torsten Zuberbier, Direktor des Instituts für Allergieforschung (IFA). Ebenso ungeeignet sind die Purpurerle, die Baumhasel oder der Götterbaum, der schon im 19. Jahrhundert eingeführt wurde und sich in vielen Städten gewissermaßen unkontrolliert ausbreitet.
Allergikerfreundlich sind dagegen vor allem Bäume und Sträucher, die nicht durch den Wind, sondern von Insekten bestäubt werden. Dazu zählen beispielsweise der Spitz- und der Bergahorn oder Obstbäume.
Auch Luftreiniger, die neben Feinstaub auch Pollen filtern, könnten Allergikern helfen. Beim ECARF können Kommunen sich als allergikerfreundlich zertifizieren lassen. Weder in Rheinland-Pfalz, noch in Baden-Württemberg hat eine Kommune ein solches Siegel. Dass sie deshalb gar nicht auf allergikerfreundliche Bepflanzung achten, kann man daraus aber nicht schließen.
In Rheinland-Pfalz gibt es keine Pollenmessstation
Für Allergiker sind genaue Vorhersagen ein wichtiges Instrument, um sich auf einen Pollenansturm vorzubereiten. Das Angebot ist in den vergangenen Jahren größer geworden.
Der Deutsche Wetterdienst stützt sich bei seinen Pollenflugvorhersagen auf Messungen des PID. Die Stiftung PID betreibt in Deutschland zurzeit 35 Pollenfallen. In diesen Fallen werden die unterschiedlichen Pollen in der Luft identifiziert und ihre Menge gemessen. Damit Allergiker sich noch besser wappnen können, bietet das PID eine Wochenpollenvorhersage für Deutschland. Außerdem informiert eine kostenlose App Betroffene über Verbreitung von Pollen und wie man sich schützen kann. Auch über die Social-Media-Kanäle @pollenstiftung und per Newsletter werden Allergiker auf dem Laufenden gehalten.
In Baden-Württemberg gibt es vier Pollenmessstationen, in Rheinland-Pfalz keine einzige. Das liege daran, sagt der Pollenanalytiker Werchan, dass kein Bundesland gesetzlich dazu verpflichtet sei, den Pollenflug zu messen. Außerdem müsse es jemanden geben, der sich an den Kosten für den Betrieb der Pollenmessstationen beteiligt. Oft stünden sie auf den Dächern von Forschungseinrichtungen oder Kliniken, aber auch Privatleute seien dazu bereit. Die Daten werden dann unter anderem für Forschungszwecke genutzt.
Wo die Pollenbelastung gerade besonders hoch ist, kann man täglich aktuell beim Deutschen Wetterdienst nachschauen.
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Ursachen für Pollenallergien sind vielfältig
Immer mehr Menschen reagieren überempfindlich auf Pollen. Die Folge: Die Augen jucken und tränen, die Nase läuft, Husten bis hin zu Atemnot. Allergologen gehen davon aus, dass eine erbliche Veranlagung zum Heuschnupfen und dem allergischen Asthma eine wichtige Rolle bei Pollenallergien spielen. Wenn Vater oder Mutter unter allergischen Reaktionen leiden, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder eine Allergie bekommen bei 60 Prozent, sagt der Allergologe, Karl-Christian Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst.
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Aber auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle. Zum Beispiel, ob Neugeborene Zigarettenrauch oder Feinstaub ausgesetzt sind. Katzen und Hunde im Haushalt scheinen die Entstehung von Allergien dagegen zu verhindern, so Bergmann.
Was Allergiker tun können
Wer unter einer Pollenallergie leidet sollte unbedingt zum Arzt gehen und sich behandeln lassen. Denn es kann ein sogenannter "Etagenwechsel" stattfinden, das heißt: Eine Pollenallergie, die zunächst nur Augen und Nase betrifft, kann in die unteren Atemwege wandern und allergisches Asthma auslösen.
Nasensprays und Tabletten reichen aber nicht aus, sondern bekämpfen nur die Symptome. Allergologen raten stattdessen zu einer Hyposensibilisierung. Dabei wird das Immunsystem regelmäßig und kontrolliert mit den allergieauslösenden Stoffen konfrontiert. Die Betroffenen bekommen dann in einem festgelegten Rhythmus, meist alle vier bis sechs Wochen, eine Spritze mit dem allergenen Stoff. Eine Hyposensibilisierung dauert mehrere Jahre, aber in dieser Zeit gewöhnt das Immunsystem sich immer mehr an die Stoffe und die allergischen Reaktionen hören auf.
Darmbakterien gegen Pollenallergie
Bei Gräserpollenallergie könnten womöglich Darmbakterien helfen. In einer kontrollierten Studie der ECARF wurden Probanden drei Wochen lang Probiotika (ausgewählte Bakterienstämme) gegeben - offenbar mit positiven Ergebnissen. "Darmbakterien können somit Menschen mit Allergien beeinflussen – und zwar positiver als noch vor ein paar Jahrzehnten gedacht", sagt Karl-Christian Bergmann, Klinischer Studienleiter der ECARF.