Ehrlich gesagt: Ich bin enttäuscht. Ich hatte mich irgendwie fast ein bisschen gefreut auf die Generaldebatte. Natürlich durfte man nicht „Trump gegen Harris“ erwarten, klar, aber immerhin! Schließlich heißt es doch Jahr für Jahr in den Nachrichten: „Traditionell nutzt die Opposition die Aussprache über den Kanzler-Etat für eine umfassende Abrechnung mit der Regierungspolitik.“ Friedrich Merz (CDU) ist ein markiger Redner – das hätte also was werden können.
Hier können Sie die Kolumne zum Wochenende anhören:
Zumal – Themen gibt’s mehr als genug: Krieg in der Ukraine, Krieg in Nahost. Etliche Industriesparten straucheln, es knirscht gewaltig in unserem Gesundheitssystem, in der Pflege, es fehlen Lehrerinnen und Lehrer, Erzieher und Erzieherinnen. Die Rente funktioniert nur, weil der Staat ein Fünftel des Gesamthaushalts zuschießt. Immer mehr Menschen finden keine Wohnung, können von einem Fulltime-Job nicht leben, was wirklich boomt, das sind die Tafeln der Republik. Die Bahn ist ein Desaster, die Infrastruktur ist marode – ist es nicht bemerkenswert, dass ausgerechnet am Tag der Generaldebatte in Dresden eine Elbbrücke zusammenbricht? – was ist mit Klima- und Artenschutz, mit der Verkehrs- und Energiewende, dem demographischen Wandel – ähm… soll ich weitermachen?
In der Generaldebatte allerdings zu all dem: nüschte. Stattdessen ein polternder Alexander Dobrindt (CSU), ein fäusteschwingender Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), immerhin – und thematisch: Migrationspolitik. Wie schon seit Wochen. Migrationspolitik und Innere Sicherheit. In Endlosschleife. Auch wichtig, keine Frage – aber irgendwie habe ich das Gefühl: Für die Union geht’s vor allem darum, die Bundesregierung mit Ultimaten und unrealistischen Maximalforderungen vorzuführen. Die Populisten hierzulande – und übrigens in ganz Europa – wird’s freuen. Ihr Leib- und Magenthema, serviert auf dem Silbertablett. Und das kurz vor wichtigen Wahlen – und kurz nachdem wichtige Wahlen für die demokratischen Parteien ziemlich in die Binsen gegangen sind.
Angeblich ist die Generaldebatte ja die „Sternstunde der Opposition“. Unions-Fraktionschef Merz hat sie dann auch später noch weidlich ausgekostet, wie überhaupt jede Chance in letzter Zeit, sich sehr staatsmännisch zu geben. Sei’s drum – die Bühne ist da, er nutzt sie! Nur: Wenn er dabei – gewollt oder ungewollt – Populisten und gefährlichen Welt-Vereinfachern in die Hände spielt, dann ist das keine Oppositions-Sternstunde. Dann… gilt der Satz des alten Sozialdemokraten Franz Müntefering (SPD): „Opposition ist Mist.“ Zumindest so eine!