SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens im Fernsehstudio, die beiden Journalisten Alexandra Gondorf (links) und Henning Otte (rechts) sitzen ihr gegenüber

Neuer SWR-Videopodcast "Zur Sache intensiv"

SPD-Expertin fordert Umdenken: Wer gepflegt werden will, muss sparen

Stand
Autor/in
Henning Otte
SWR-Reporter und -Redakteur Henning Otte, SWR Landespolitik

Wenn Oma lange im Pflegeheim lebt, bleibt oft vom Erbe kaum etwas übrig. SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens hat da kein Mitleid. Erspartes müsse für die Pflege eingesetzt werden.

Angesichts der stark steigenden Kosten für die Pflege hat die SPD-Gesundheitsexpertin Heike Baehrens die Menschen zum Sparen fürs Alter aufgefordert. "Meine Großmutter hat uns vermittelt: Ihr müsst sparen, damit ihr was fürs Alter habt", sagte die 68-jährige Bundestagsabgeordnete aus Göppingen im neuen SWR-Videopodcast "Zur Sache intensiv".

In diesem Sinne müsse es in Deutschland ein Umdenken geben, man dürfe sich nicht nur auf die Unterstützung des Staates verlassen. "Wenn ich mir was erspart habe, dann muss ich es doch dann einsetzen, wenn ich es brauche und wenn ich Pflege brauche", sagte Baehrens, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag ist.

Kein Mitleid: Vererben darf kein Automatismus sein

Sie habe deshalb kein Mitleid mit älteren Menschen, die ihr Vermögen bis auf einen Schonbetrag aufbrauchen oder ihr Haus verkaufen müssen, um einen Platz im Pflegeheim zu finanzieren.

Warum eigentlich gehen wir davon aus, dass heute, wer was erspart hat, das automatisch seinen Kindern weitergeben kann?

Es sei in dem Sinne normal, wenn man nichts zu vererben habe. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Töchter das voll in Ordnung finden, wenn wir mal tatsächlich pflegebedürftig sind, dass wir dann das, was wir uns erspart haben, dafür einsetzen", sagte Baehrens.

Den SWR-Videopodcast "Zur Sache - intensiv" gibt es ab sofort auf YouTube:

Eigenanteil bei Pflegeheimkosten stark gestiegen 

Hintergrund für die Diskussion ist, dass der Eigenanteil bei den Pflegeheimkosten zuletzt deutlich auf 2.871 Euro pro Monat im ersten Aufenthaltsjahr gestiegen ist. Dagegen liegt die durchschnittliche Rente in Deutschland nach mindestens 45 Versicherungsjahren bei 1.543 Euro.

Baehrens hält das für unproblematisch: "Wenn ich an den Punkt komme, dass mein Geld nicht mehr ausreicht, um meine Pflege zu zahlen, dann kommt Sozialhilfe. Dann habe ich die Chance, aufgefangen zu werden." Sie habe kein Verständnis dafür, dass Menschen Scham verspürten, von Sozialhilfe abhängig zu sein. "Warum eigentlich?"

Expertin: Pflegedienstleistungen sollen gut bezahlt sein

Die SPD-Gesundheitsexpertin beklagte, dass bei der Pflege ständig über die Kosten lamentiert werde. "Es gibt nämlich wirklich was schlimmeres als teure Pflege - und das ist keine Pflege." Die hohen Kosten hätten vor allem einen Grund: "Weil wir nämlich wissen, dass wir die Menschen, die in der Pflege arbeiten, gut bezahlen müssen, damit sie diesen Job gerne machen."

Sie habe mit durchgesetzt, dass in der Pflege ordentliche Gehälter gezahlt werden.

Ich habe dafür gekämpft, dass diese Berufe so attraktiv werden, dass wir auch in 20, 30 Jahren Menschen haben, die diesen Beruf ausüben.

Baehrens wünscht sich "Pflegelotsen" in Kommunen

Die Pflegeexpertin zeigte sich überzeugt, dass es schon viele Hilfsangebote für plötzlich Pflegebedürftige und Angehörige gebe. "Es ist eine ganze Menge gemacht worden, damit Menschen sich nicht allein gelassen fühlen. Aber es kommt darauf an, dass die Betroffenen auch hinausgehen, dass sie sich auch bewusst Hilfe suchen, dass sie eben die Angebote in Anspruch nehmen, die es gibt." Es gebe die Pflegestützpunkte und auch die ambulanten Dienste seien gut darin, die Menschen zu begleiten und sie zu beraten. "Ich glaube, wir haben ein größeres Problem damit, dass die Menschen oft gar nicht den Zeitpunkt erkennen, wo sie Hilfe in Anspruch nehmen müssen."

Deshalb wäre es aus ihrer Sicht gut, wenn zusätzlich "Pflegelotsen" in den Kommunen eingesetzt würden. "Man braucht Menschen, die in so einer Situation auch wirklich in den Haushalt kommen und gucken, was sind die Rahmenbedingungen, wo ist im Grunde Unterstützung notwendig und wie kann man das zusammenbringen?" Das könne aber nicht der Bund leisten, sondern hier seien die Kommunen und Landkreise herausgefordert, das auch zu leisten.

Baehrens seit 2013 im Bundestag

Die gebürtige Niedersächsin Baehrens sitzt seit 2013 für den Wahlkreis Göppingen im Bundestag, lebt aber mit ihrem Mann in Stuttgart. Zuvor war sie 17 Jahre lang in führender Position beim Diakonischen Werk Württemberg tätig. Ihr Lebensthema ist, die Bedingungen in der Pflege zu verbessern. Die 68-Jährige will 2025 nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Baehrens ist großer VfB-Stuttgart-Fan. 

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