Hunderte Neuwagen des Modells Dolphin vom Autohersteller BYD stehen am Hafen. E-Autos von diesem Hersteller könnten durch Strafzölle gegen China teurer werden.

Autobauer aus BW drängen auf Verhandlungen

EU-Staaten machen Weg für Strafzölle auf E-Autos aus China frei: Was bedeutet das für Autokäufer?

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Jana Prochazka
Bild von der SWR-Redakteurin Jana Prochazka

Die EU-Kommission kann nun Zusatzzölle auf Elektroautos aus China erheben. Abgaben in Höhe von bis zu über 35 Prozent sind damit möglich. Was auf Verbraucher in BW zukommen könnte.

Die EU-Staaten haben den Weg für Strafzölle der EU-Kommission auf chinesische E-Auto-Importe frei gemacht. Es hat sich keine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben ausgesprochen, wie mehrere EU-Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Damit kann die EU-Kommission entscheiden, die Abgaben in Höhe von bis zu 35,3 Prozent einzuführen. 

Wie viel teurer könnten E-Autos aus China nun werden?

Die EU-Kommission hat ja für die einzelnen Hersteller individuelle Zollsätze festgelegt - zwischen gut acht Prozent für die E-Autos von Tesla, die in China gebaut werden, und rund 35 Prozent für den chinesischen Hersteller SAIC. SAIC produziert zum Beispiel das in Deutschland ziemlich erfolgreiche Kompaktmodell MG4, das nach Liste neu in Deutschland rund 35.000 Euro kostet. Sollten die Zölle 1:1 an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden, würde das Auto in Zukunft in Deutschland mehr als 47.000 Euro kosten. Das wäre der Extremfall, bei den anderen Herstellern sind die Zollsätze geringer. Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Aufschläge in der Form an die Kundinnen und Kunden weitergegeben werden.

Warum ist es unrealistisch, dass die Zölle 1:1 in Deutschland ankommen?

Die Hersteller können ihren Verkaufspreis selbst festlegen. Sie könnten ihre Autos auch in Zukunft günstiger anbieten und die Zusatzzölle zum Teil oder sogar ganz aus ihren Gewinnen bezahlen, um dann weiterhin günstiger zu sein als die Konkurrenz aus dem Westen. In dem Fall würde sich für die Kaufinteressenten in Autohäusern auch in Baden-Württemberg erst mal nichts ändern. Laut einer Studie der Rhodium Group verkaufen die chinesischen Autohersteller ihre E-Autos in Europa teils doppelt so teuer wie auf dem Heimatmarkt - der Preis der E-Autos könnte also leicht gesenkt werden. Vertreter vom Autohandel rechnen nicht damit, dass diese Zölle im großen Stil bei den Kundinnen und Kunden ankommen werden.

Warum hat Deutschland gegen die Strafzölle gestimmt?

Die Strafzölle der EU sind in Deutschland unbeliebt. Zum einen könnte China mit Gegenmaßnahmen reagieren und auch auf deutsche Autos, die nach China geliefert werden, einen Zoll aufschlagen. Außerdem produzieren deutsche Hersteller auch in China und sie träfen die Zölle genau so hart wie die Chinesen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich offen gegen die Einführung von Strafzöllen auf chinesische E-Autos aus. Das begrüßte unter anderem die FDP in Baden-Württemberg. Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke (FDP) sagte, "zwar ist der Wettbewerb hart und nicht immer fair". Ein "Handelskrieg" über Strafzölle und Handelsbeschränkungen wäre aber "Gift" für den Wirtschaftsstandort Deutschland, der wesentlich vom Export lebe.

Wie reagieren deutsche Autohersteller auf höhere Zölle?

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes befürchtet durch die höheren Zölle negative Auswirkungen auf die Branche. "Wir sind davon überzeugt, dass Strafzölle die Wettbewerbsfähigkeit einer Industrie langfristig verschlechtern", teilte eine Sprecherin mit. Freier Handel und fairer Wettbewerb sicherten Wohlstand, Wachstum und Innovationskraft. Mercedes-Chef Ola Källenius forderte die EU auf, eine Verhandlungslösung mit China zu suchen, anstatt Zölle zu erheben. VW drängte ebenfalls auf ein Nein der Bundesregierung in Brüssel. Ein Sprecher sagte: "Die vorgesehenen Zölle sind ein falscher Ansatz, sie verbessern nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie." Zudem sagten deutsche Autoproduzenten, statt Zöllen sollten besser strukturelle Defizite beseitigt werden - zum Beispiel hohe Strompreise.

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Was sollen die zusätzlichen Zölle bringen?

Die Europäische Kommission hatte die zusätzlichen Zölle angekündigt, nachdem eine Untersuchung Peking vorgeworfen hatte, E-Autos mit Subventionen zu fördern, die den Markt in der EU verzerren. Ob die Einfuhrzölle Anfang November in Kraft treten werden, liegt in der Hand der Kommission. Wenn aber noch rechtzeitig eine Lösung mit China am Verhandlungstisch erreicht wird, können die Zölle gestoppt werden. Die Zölle sollen spätestens Ende Oktober in Kraft treten und zunächst für fünf Jahre gelten.

Was sagen Verbände und Politik zu den Strafzöllen für China?

Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) zeigte sich besorgt über die Zusatzzölle auf Elektroautos aus China und pocht auf eine Verhandlungslösung. Zwar befürworte sie die Absicht der EU-Kommission, sich für ein "Level Playing Field" im E-Auto-Markt einzusetzen - "aber ich teile ganz und gar nicht den Einsatz von Strafzöllen als geeignetes Mittel der Wahl", so die Ministerin. Denn damit wachse das Risiko eines eskalierenden Handelskonflikts mit China, der die deutsche Exportwirtschaft und insbesondere die Automobilindustrie schwer treffen würde. Stattdessen solle sich die Europäische Union durch verbesserte Rahmenbedingungen und Freihandel für einen wettbewerbsfähigen E-Auto-Markt starkmachen.

Auch der Wirtschaftsverband Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) fordert die EU-Kommission zu weiteren Verhandlungen mit China auf und warnte vor einem möglichen Handelskrieg. "Unsere Unternehmen benötigen faire Wettbewerbsbedingungen, um auf den globalen Märkten bestehen zu können", sagte der Hauptgeschäftsführer der UBW, Oliver Barta. "Mit einem konfrontativen Kurs ist dieses Ziel jedoch sicher nicht zu erreichen, weil Restriktionen auf der einen Seite Gegenmaßnahmen auf der anderen Seite provozieren."

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