Am 1. September läuft nach drei Monaten das 9-Euro-Ticket aus. Noch ist nicht geklärt, ob es ein Nachfolge-Angebot geben wird. Nachdem die Verkehrsministerinnen und -minister der Länder die Bundesregierung aufgefordert hatten, Vorschläge zur Ausgestaltung und vor allem zur Finanzierung zu machen, liegen nun einige Ideen der Ampel-Parteien auf dem Tisch. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) machte am Montag deutlich, dass er genau auf die Finanzierung eines Nachfolgetickets schauen werde.
Kretschmann fordert eine "saubere Finanzierung"
Er verlangte bei der Diskussion um eine Nachfolge für das 9-Euro-Ticket ein Mitspracherecht der Länder. Kretschmann sagte, Baden-Württemberg werde im Bundesrat keinem Vorschlag zustimmen, der nicht sauber und nachhaltig durchfinanziert sei. Es sei nicht möglich, dass der Bund Investitionen tätige, die am Ende von den Ländern weiterfinanziert werden müssten. "Das mache ich nicht mehr", sagte Kretschmann.
Sein Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bekräftigte nochmals, dass das 9-Euro-Ticket ein Erfolg gewesen sei. Daher nehme er alle Vorschläge für ein Nachfolgeticket sehr ernst. Aber das 9-Euro-Ticket sei ein "Super-Sonder-Angebot" gewesen. "Das kann keine dauerhafte Lösung sein", sagte Hermann.
Ein Nachfolgeticket dürfe nicht zulasten der Grundfinanzierung des öffentlichen Nahverkehrs der Länder erfolgen. Denn nur mit der Grundfinanzierung könne überhaupt ein Angebot geschaffen werden. Und diese Grundfinanzierung gelte es auszubauen: "Jetzt ist der Bund am Zug, da etwas zu machen."
Zahlreiche Tickets verkauft Verkehrsverbünde in BW sehen für 9-Euro-Ticket keine Zukunft und erhöhen die Preise
Die Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg verkaufen derzeit fast nur noch 9-Euro-Tickets. Doch eine Weiterführung des Angebotes halten sie für unrealistisch - und erhöhen die Ticketpreise.
Hermann will besseres ÖPNV-Angebot
Zeitgleich warnte Hermann vor einem Ausbluten des öffentlichen Nahverkehrs. Eine "Geiz-ist-geil-Mentalität" allein helfe dem Öffentlichen Personenahverkehrs (ÖPNV) auf Dauer nicht weiter, meint der Grünen-Politiker und betonte: "Ein billiges Ticket taugt nichts, wenn das Angebot schlecht ist."
Nur wenn die Qualität in Bussen und Bahnen stimme, seien die Menschen dauerhaft bereit zum Umsteigen, so der Landesverkehrsminister. Er fordert wegen der stark steigenden Energiepreise vom Bund noch in diesem Jahr eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 1,65 Milliarden Euro.
Debatte über preiswerte Tickets für Bus und Bahn 9-Euro-Ticket: Grünen-Experte für baldiges Nachfolgemodell
Kurz vor Ende des 9-Euro-Tickets hat sich Grünen-Bahnexperte Gastel für eine rasche Nachfolgelösung ausgesprochen. Vor allem der ÖPNV müsse preiswert und bezahlbar sein.
Bundes-Grüne: Bundesweit 49- und regional 29-Euro für Bus und Bahn
Grünen-Parteichefin Ricarda Lang forderte die Ampel-Koalition auf, schnell eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket zu beschließen. "Ich glaube, das war eines der größten Erfolgsprojekte der gesamten Ampel, und ich hoffe, dass wir auch als gesamte Ampel daran anknüpfen können", sagte Lang der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Erste Bilanz: 9-Euro-Ticket steigert Nachfrage nach ÖPNV
Passend dazu präsentierte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am Montag eine erste Bilanz zur Nutzung der Sonderfahrkarte. Rund 52 Millionen Tickets sind über den gesamten Zeitraum bundesweit verkauft worden, teilte der VDV mit. Hinzu seien mehr als zehn Millionen Abonnentinnen und Abonnenten gekommen, die das vergünstigte Ticket jeweils automatisch erhalten haben.
20 Prozent der Käuferinnen und Käufer war demnach zuvor noch nie mit dem ÖPNV unterwegs gewesen. 27 Prozent waren "aktivierte Kunden", die Busse und Bahnen zuvor seltener als ein Mal im Monat genutzt haben. Das Ticket hat also die Nachfrage im ÖPNV deutlich gesteigert.
Bahnexperte der Grünen: Nachfolgeticket muss kommen
Der bahnpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel aus Filderstadt (Kreis Esslingen), hält das 9-Euro-Ticket für gelungen. Im Gespräch mit dem SWR nannte er es einen "Beitrag zur Dämpfung der Inflation". Nun müsse man sich um ein Nachfolgeticket bemühen, um Mobilität "nachhaltig und bezahlbar" zu machen. Die Bundes-Grünen schlagen vor, ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket einzuführen. Regional sollen Bürgerinnen und Bürger sogar schon für 29 Euro pro Monat fahren dürfen.
SPD will bundesweites ÖPNV-Ticket für 49 Euro pro Monat
Am Dienstag und Mittwoch berät die Bundesregierung im Gästehaus von Schloss Meseberg über ein neues Entlastungspaket für Bürgerinnen und Bürger. Unter anderem möchte die SPD ein bundesweit gültiges ÖPNV-Ticket für 49 Euro pro Monat als Nachfolger für das 9-Euro-Ticket. Das geht aus einem SPD-Entwurf hervor, der der dpa vorliegt. Bund und Länder sollen die Kosten für das 49-Euro-Ticket jeweils zur Hälfte tragen, so der SPD-Vorschlag.
FDP findet 69-Euro-Ticket "sehr interessante Variante"
Koalitionspartner FDP, die mit Volker Wissing den Bundesverkehrsminister stellt, zeigt man sich ebenfalls offen für ein bezuschusstes ÖPNV-Ticket. Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, bezeichnete ein 69-Euro-Ticket in der "Rhein-Neckar-Zeitung" als "sehr interessante Variante" bezeichnet und kündigte an: "Darüber sprechen wir gerne im Detail." Grünen-Chefin Lang hält 69 Euro zwar noch für zu teuer, "um den sozialen Effekt zu gewährleisten", zeigte sich aber erfreut über die Offenheit der FDP für einen 9-Euro-Ticket-Nachfolger.