Urteil im ersten Klimaschutz-Prozess

Landgericht Stuttgart weist Klimaklage gegen Mercedes-Benz ab

Stand

Die Deutsche Umwelthilfe ist mit der Klage gegen Mercedes-Benz vor dem Landgericht Stuttgart gescheitert. Die Umweltschützer kündigten an, in Berufung zu gehen.

Das Landgericht Stuttgart hat die Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen den Autobauer Mercedes-Benz abgewiesen. Es obliege dem Gesetzgeber zu entscheiden, welche Maßnahmen zur Einhaltung des Klimaschutzes ergriffen werden. Dies könne durch eine Individualklage vor einem Zivilgericht nicht vorweggenommen werden, teilte das Landgericht am Dienstag in Stuttgart zur Begründung mit.

Umweltschützer fordern Umbau von Mercedes-Benz

Mit ihrer Klage hatten die Umweltschützer einen klimagerechten Umbau des Autobauers gefordert. Mercedes-Benz sollte dazu unter anderem ab November 2030 keine herkömmlichen Verbrenner mehr verkaufen dürfen, die Treibhausgase ausstoßen. Durch seine besonders klimaschädliche Fahrzeugflotte verstoße Mercedes-Benz gegen das Grundrecht auf Klimaschutz, so Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe und gleichzeitig einer der Kläger.

Nach Auffassung der Kammer stehe den Klägern jedoch kein Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Verbrennermotoren zu, hieß es in einer Mitteilung des Landgerichts. Die von den Klägern begehrte Rechtsfolge stehe im Widerspruch zur verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilung zwischen Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit, hieß es in der Begründung.

Die Rechtsfolge weise "dem Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen für die Ausgestaltung des gesellschaftlichen Lebens und der Lebensbedingungen" zu. Die Gerichte könnten lediglich geltende Gesetze unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben anwenden.

DUH will in die nächsthöhere Instanz gehen

DUH-Chef Resch sagte nach dem Urteil: "Die Richter argumentieren, ob Schutzmaßnahmen ausreichend sind oder nicht, müsse der Gesetzgeber entscheiden. Doch der Gesetzgeber wird nicht aktiv, deshalb sind wir ja gezwungen, vor Gericht zu ziehen, um die Grundrechte der Menschen und künftigen Generationen zu schützen." Resch kündigte an, mit der Klage in die nächsthöhere Instanz zu gehen. Dann wäre das Oberlandesgericht Stuttgart zuständig.

"Wir sind von Anfang an davon ausgegangen, dass in dieser grundsätzlichen Frage erst höhere Gerichtsinstanzen Klarheit bringen werden", sagte der Anwalt der Kläger, Remo Klinger, laut Mitteilung. Auch wenn das Urteil nicht in ihrem Sinne ausgefallen sei, freuten sie sich über die Möglichkeit, nun "hoffentlich schnell eine Klärung vor dem Oberlandesgericht" erreichen zu können. Die Klimakrise lasse nicht mehr viel Zeit.

Mercedes-Benz sieht Rechtsauffassung bestätigt

Mercedes-Benz begrüßte das Urteil. Das Landgericht Stuttgart habe die Rechtsauffassung des Konzerns bestätigt, so ein Sprecher gegenüber dem SWR. Welche Anstrengungen von welchen Akteuren zu schultern seien, um die Klimaziele insgesamt zu erreichen, sei "eine politische Frage, die nicht durch punktuelle Entscheidungen" von Zivilgerichten beantwortet werden könne.

Der Klimaschutz stehe für Mercedes-Benz außer Frage, so der Sprecher. Der Konzern habe den "Spurwechsel zur Klimaneutralität" bereits längst eingeleitet. So wolle der Autobauer zum Beispiel "bis zum Ende dieses Jahrzehnts vollelektrisch werden, wo es die Marktbedingungen zulassen".

Auch gegen VW, BMW und Wintershall gingen Klagen ein

In der mündlichen Vorhandlung vor knapp drei Monaten hatte das Gericht die Klage zwar für zulässig gehalten, aber bereits größere Zweifel angedeutet, ob sie inhaltlich Erfolg haben wird. Fast zeitgleich gingen auch Klagen von Vertretern der Umwelthilfe und Greenpeace gegen VW, BMW und den Energiekonzern Wintershall bei anderen Landgerichten ein.

Welche Bedeutung die Klage gegen Mercedes-Benz hat, fasste SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele bereits vor dem Urteil so zusammen:

Klimaklagen durch das Bundesverfassungsgericht ermöglicht

Klimaklagen haben vor allem seit dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts im März vergangenen Jahres Aufwind bekommen. Dort hatte Karlsruhe entschieden, dass das Klimaschutzgesetz nachgebessert werden muss, damit künftige Generationen nicht zu stark in ihren Grundrechten durch Klimaschutz-Regeln eingeschränkt sind.

Allerdings ging es in Karlsruhe um eine Klage gegen den Staat. Das Urteil des Stuttgarter Landgerichts zeigt, dass die dortigen Grundsätze nicht eins zu eins auf eine Klage gegen einen privaten Autokonzern übertragbar sind.“

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SWR

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