Die Zahl der Umweltzonen in Baden-Württemberg geht weiter zurück. Wie die Behörden dem SWR auf Anfrage mitteilten, ist das für dieses Jahr auch in Mannheim und Mühlacker (Enzkreis) geplant. "Das Verfahren hierzu, um den Luftreinhalteplan für das Regierungspräsidium Karlsruhe fortzuschreiben, befindet sich bereits in Vorbereitung", hieß es vom Regierungspräsidium Karlsruhe.
Ab Juni dürfen außerdem Tübingen, Reutlingen und Ulm ihr Verbot für Fahrzeuge ohne grüne Plakette und mit einem hohen Schadstoffwert abschaffen, wie das zuständige Regierungspräsidium Tübingen bereits Anfang Februar mitteilte.
Weniger Schadstoffe in Innenstädten Umweltzonen in Reutlingen und Tübingen sollen aufgehoben werden
Keine Plaketten mehr, keine Einschränkungen für ältere Fahrzeuge und Diesel: In Tübingen und Reutlingen hat sich die Luft verbessert. Deshalb fallen jetzt die Fahrverbote.
Weniger Umweltzonen in BW
Die Umweltzonen wurden eingerichtet, um die Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid einzuhalten - in Baden-Württemberg erstmals 2008. Vor zwei Jahren, im Februar 2022, gab es in Baden-Württemberg noch mehr als 20 lokale und regionale Umweltzonen in insgesamt 38 Orten. Doch nun hat sich die Luftqualität in den betreffenden Kommunen zumindest soweit verbessert, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid spürbar unterschritten werden.
Auch die Feinstaub-Grenzwerte werden schon länger wieder eingehalten. "Deshalb sagen die Regierungspräsidien: 'Dann brauchen wir dort auch keine Umweltzonen mehr'", erklärt SWR-Umweltexpertin Susanne Henn. Somit wurden viele wieder abgeschafft. In Heidenheim und Heilbronn war das zum 1. Januar 2024 der Fall, ebenso in Herrenberg sowie im Bereich Leonberg/Hemmingen (beide Kreis Böblingen) und Umgebung.
Umweltzone in Pforzheim: Behörden wollen erst abwarten
Wenn auch Tübingen, Reutlingen und Ulm im Juni ihre jeweilige Umweltzone abgeschafft haben und später Mannheim und Mühlacker (Enzkreis) nachziehen, dann gelten Umweltzonen nach jetzigem Stand noch in vier Regionen: in Freiburg, Pforzheim, Stuttgart sowie in Ludwigsburg und Umgebung (beispielsweise in Asperg, Bietigheim-Bissingen, Freiberg, Ingersheim und Kornwestheim).
Die Umweltzone in Pforzheim steht demnach hingegen nicht zur Debatte. "Die Grenzwerte sind zwar eingehalten. In Bezug auf Stickstoffdioxid werden wir noch abwarten, bis davon ausgegangen werden kann, dass es nach Aufhebung der Umweltzone nicht wieder zu einer Grenzwertüberschreitung kommt", so das Regierungspräsidium Karlsruhe.
Denn obwohl die Schadstoff-Grenzwerte zwar bereits 2022 sogar in ganz Baden-Württemberg erstmals eingehalten wurden, reicht das nach Ansicht von Behörden nicht: Erst, wenn das wiederholt der Fall ist, gehen sie davon aus, dass die Schadstoffe auch längerfristig ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. In Tübingen, Reutlingen und Ulm war das nun der Fall.
Umweltzone in Freiburg auf der Kippe, in Stuttgart und Ludwigsburg nicht
Auch Freiburg könnte bald wieder zum Kreis der Städte ohne eine solche Zone zählen. "Zur Umweltzone Freiburg befinden wir uns derzeit noch in der finalen Prüfung", teilt das dortige Regierungspräsidium mit. Es kündigte an, sich bald wieder dazu zu äußern.
In Stuttgart und Ludwigsburg stellt sich die Sache dagegen eindeutiger dar: Die dortigen Umweltzonen stehen derzeit nicht zur Debatte. Sie gehören nach wie vor zu den Städten mit den "höchsten straßennahen Schadstoffbelastungen, so dass die dortigen Maßnahmen noch nicht aufgehoben werden können", wie das Regierungspräsidium Stuttgart auf SWR-Anfrage mitteilt. Gerade die Stickstoffdioxid-Werte seien in Stuttgart noch zu hoch.
Gelbe Plakette reicht in BW-Umweltzonen nicht
In allen BW-Städten mit einer Umweltzone gilt, dass dort nur Fahrzeuge mit einer grünen Plakette an der Windschutzscheibe erlaubt sind. Eine gelbe Plakette reicht dort nicht. Doch es bestehen Ausnahmen, beispielsweise für Oldtimer oder Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr.
Das Umweltbundesamt erklärt dazu: "Ausgenommen sind Motorräder und 3-rädrige Kraftfahrzeuge, Arbeitsmaschinen, land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, mobile Maschinen/Geräte, Oldtimer, Behinderten-Kraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die mit Sonderrechten unterwegs sind."
Diskussion über doppelt so strenge Grenzwerte
Doch es ist denkbar, dass sich der Trend umkehrt und es langfristig wieder mehr Umweltzonen in BW geben wird. Denn auf EU-Ebene wird darüber diskutiert, die Grenzwerte weiter zu senken. Anlass dafür ist, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon seit längerem die Meinung vertritt, dass die derzeit geltenden - und in immer mehr BW-Städten erfüllten - Grenzwerte viel zu hoch sind, als dass sie gesundheitlich unbedenklich wären.
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Deshalb hat die EU-Kommission vorgeschlagen, den Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm zu senken und damit also zu halbieren. Das Gleiche gilt für Feinstaubwerte.
Auch in Zukunft sind Fahrverbote möglich
SWR-Umweltexpertin Susanne Henn glaubt, dass eine solche Verschärfung der Grenzwerte auch in BW deutliche Konsequenzen für den Verkehr haben würde. "Das sind massive Verschärfungen, die dann viele Städte und Kommunen in Baden-Württemberg nicht werden einhalten können", sagt Henn. "Das würde dann vermutlich ohne Fahrverbote nicht gehen". Doch die sind ihrer Ansicht nach selbst mit den nun geltenden Grenzwerten möglich - nämlich dann, wenn wegen der abgeschafften Umweltzonen auch wieder "Stinker" in die Innenstädte dürften, wie sie Autos ohne grüne Plakette nennt.