In Ulm findet in diesen Wochen zum 75. Mal die Kinderfreizeit Ruhetal statt - eine der ältesten und größten Ferienfreizeitprogramme im Land. Rund 900 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren sind in diesem Jahr angemeldet.
"Wir sind jetzt drei Generationen, ich bin die Ruhetal-Oma, meine Tochter war als Kind im Ruhetal und jetzt ist der Enkel das erste Jahr hier", sagt Helga Strähle mit einem Lächeln. Gerade hat sie ihren Enkel Linus in der Kinderfreizeit abgegeben. "Man hat sich jedes Jahr darauf gefreut, konnte es gar nicht abwarten bis das endlich anfing", erinnert sich die 66-Jährige. Ihr Enkel Linus fügt an: "Ich habe schon neue Freunde gefunden."
Anmeldung früher: Eltern müssen in der Kälte für ihre Kinder anstehen
Die Plätze in der Ferienfreizeit sind umkämpft - bis heute. In den ersten zwei Ferienwochen sind dieses Jahr 350 Kinder angemeldet. Damit ist das Ruhetal voll. 470 Eltern haben für ihre Kinder in einem Online-Verfahren um einen Platz gebuhlt. Früher war das auch schon so, nur analog: Wer einen Platz ergattern wollte, musste früh aufstehen: "Da ist man nachts um zwei Uhr eingepackt und eingemummelt vor der Pauluskirche gestanden", sagt Helga Strähle.
"Das war das, was von Anfang an das Ruhetal ausgemacht hat", sagt sie. "Manche haben eine Kanne Tee mitgebracht, Kuchen, Brezeln. Da war eine ganz schöne, gelöste Stimmung".
Das Ruhetal entstand in Zeiten wirtschaftlicher und sozialer Not
Die zwanziger Jahre waren geprägt von wirtschaftlicher und sozialer Not. In dieser Zeit entstand die evangelische Waldheimarbeit. In einer kleinen Gartenlaube des Ruhetals wurden 1949 erstmals Waldheimfreizeiten durchgeführt. Damals ging es um das Aufpäppeln hungriger Kinder, so wurden die Kinder vor und nach der Freizeit gewogen. Heute ist es zunehmend wichtig, dass die Kinder einen Ausgleich von einseitigen Leistungsanforderungen in der Schule oder eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten in der Stadt erleben.
Das Ruhetal in den Ferien: "Wichtig, dass man ein Angebot schafft"
Dietmar Oppermann war von 1992 bis 2013 Leiter des Ruhetals. "Das Ruhetal macht einfach das wahnsinnige Engagement der vielen freiwilligen Mitarbeitenden aus", sagt er. "Hier sind viele schon seit 10 Jahren jeden Sommer dabei".
Das Ruhetal hat, so Oppermann, vor allem eine wichtige Aufgabe: Die lange Ferienzeit zu überbrücken. "Gerade viele Alleinerziehende können sich nicht mit dem Partner absprechen oder die Kinder zu den Großeltern bringen, darauf haben wir immer geschaut, auch außerhalb des normalen Anmeldeprozederes."
Ferien im Ruhetal: Gemeinsam spielen, lesen, singen, toben
Die Kinder werden am Morgen mit einem Schulbus von zu Hause abgeholt. Im Ruhetal erleben sie einiges: Fußballspieler des SSV Ulm 1846 Fußball waren schon für eine Autogrammstunde da, genauso wie die Feuerwehr mit einem Feuerwehrauto. Er sei gerne da, sagt der kleine Philip, während er auf einem Klettergerüst herumturnt, "weil wir zuhause solche Sachen nicht haben wie im Ruhetal".
Es gibt Aufführungen, Spiele und gemeinsames Essen. Jedem Kind ist es aber offen, ob es mit anderen klettern und toben oder doch lieber in Ruhe ein Buch lesen möchte. Die 11-jährige Elisabeth sagt: "Ich will eigentlich jedes Jahr hierher kommen. Hier kann man Spaß haben, sich ausruhen, Spiele spielen. Es ist einfach toll." Am Abend werden die Kinder mit dem Bus wieder heim gefahren.