Die Diagnose Krebs - sie ist ein heftiger Einschnitt im Leben. Die Operation, eine Chemotherapie oder auch eine Bestrahlung vor dem Eingriff sind für die Patientinnen und Patienten eine große Anstrengung. Psychisch und auch körperlich. Ein neues Konzept an der Tagesklinik am Universitätsklinikum Ulm will Betroffene unterstützen.
Tagesklinik stärkt Krebspatienten schon vor Operation
Die "Prähabilitative Integrativmedizinische Tagesklinik" auf dem Oberen Eselsberg stärkt Patientinnen und Patienten schon vor und nicht erst nach der Tumoroperation. Denn Studien haben laut Universitätsklinikum Ulm gezeigt, dass die Kombination aus Bewegung, Stressreduktion und der Anwendung naturheilkundlicher Methoden vor einem Eingriff den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.

Krebspatientin: "Tagesklinik gut für Körper und Psyche"
Petra Braunsteffer aus Blaustein hat an dem neu entwickelten Programm teilgenommen. Die Beraterin einer Bank bekam schon vor ihrer Brustkrebsoperation eine Chemotherapie. Einmal in der Woche besuchte sie die Tagesklinik vor ihrer Operation. Immer montags, vier Stunden lang. "Ich kann die Tagesklinik zu einhundert Prozent empfehlen", sagt die 54-Jährige. "Weil sie für alles gut ist. Für den Körper und für die Psyche."
"Es geht in der Tagesklinik darum, dass wir Krebspatienten begleiten, die durch eine wirklich schwere, nebenwirkungsreiche, aber notwendige Therapie müssen", erklärt Professor Klaus Kramer, der den Fachbereich Integrative Medizin am Universitätsklinikum Ulm leitet.

Nebenwirkungen sollen durch das Programm reduziert und Komplikationen bei der Operation gesenkt werden. "Wir müssen noch Studienergebnisse abwarten, aber wenn es den Menschen besser geht, ist das Risiko für eine Komplikation geringer, als wenn man ausgelaugt ins Rennen geht", meint der Mediziner.
Man wolle Patientinnen und Patienten in der Tagesklinik auch dabei helfen, die Erkrankung und die Therapie anzunehmen. "Dem Menschen wird durch die notwendige Therapie auch ein Leid zugefügt. Und das können wir gemeinsam ein Stück weit abfangen."
Bewegung und Entspannung während einer Chemotherapie
Das sei bei ihr gelungen, findet Petra Braunsteffer. Immer montags nahm sie an Entspannungseinheiten teil, machte leichte Bewegungsübungen, um beweglich zu bleiben und die Muskeln vor der Operation zu stärken. Auch wenn sie sich wegen der Nebenwirkungen der Medikamente, die ihren Tumor vor der Operation verkleinern sollten, oft schwach fühlte. "Es war gut, dass jemand den Anstoß zur Bewegung gab, und es hat weitergeholfen."

Im Rahmen der in der Klinik wichtigen Mind-Body-Medizin - einer Disziplin, die Körper, Geist und Seele verbindet - lernte sie Methoden der Stressbewältigung und bekam hilfreiche Tipps zur richtigen Ernährung während einer Chemotherapie. Auch dazu, wie sie den Schlaf in dieser herausfordernden Zeit verbessern kann.
Austausch mit anderen Betroffenen ist hilfreich
"Patienten haben durch die ganzen Arztbesuche in dieser Zeit so viel Stress, dass sie hier auch mal die Zeit für sich haben, um runterzukommen. Und etwas für sich zu tun", berichtet Svenja Klaus-Karwisch, die Projektmanagerin der Tagesklinik. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen tue gut, so ihre Erfahrung.

Programme, in denen Patienten nach einer Tumoroperation an Entspannungsübungen teilnehmen oder lernen, mit Stress umzugehen, gibt es an vielen Kliniken in Baden-Württemberg. Doch die Patientinnen schon vor einer Operation zu stärken, sei einzigartig, erklärt Professor Klaus Kramer.
Tagesklinik finanziert sich durch Stiftungsgelder
Der Fachbereich Integrative Medizin und Pflege am Universitätsklinikum ist ein Pilotprojekt, das von Stiftungsgeldern getragen wird. Auch Patientinnen und Patienten, die an anderen Kliniken behandelt werden, seien willkommen in der Tagesklinik, so Kramer. Im Moment prüft die Tagesklinik in einer Studie, ob sich das neu entwickelte Programm auch online erfolgreich umsetzen lässt. Dann könnten auch geschwächte oder entfernt lebende Krebspatienten daran teilnehmen.

Für den Schafgarbe-Leberwickel, eine der naturheilkundlichen Anwendungen in der Tagesklinik, muss man allerdings persönlich erscheinen, in den hellen freundlichen Räumen im vierten Stock eines Neubaus auf dem Oberen Eselsberg in Ulm.
Der feucht-warme Schafgarbe-Leberwickel soll die durch Medikamente belastete Leber unterstützen. Die Erfahrung zeige eine Linderung von Nebenwirkungen der Chemotherapie, erklärt Kramer.

Auf diese Anwendung freute sich Petra Braunsteffer immer besonders. "Das ist so entspannend. Das sind zwanzig Minuten, in denen man so liegt und die Wärme hat. Und es ist auch das Bewusstsein, dass die Schafgarbe hilft." Dank der Tagesklinik sei sie besser durch ihre Chemotherapie und die anschließende Operation gekommen - davon ist die ehemalige Brustkrebs-Patientin überzeugt.