Wie gehen wir mit den wieder ansteigenden Flüchtlingszahlen um? Diese Frage treibt derzeit die Politik wieder um. Und natürlich auch die Menschen im Land. Einer hat jahrelang dafür geworben, Flüchtlinge aufzunehmen - die Rede ist vom Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold (CDU). Angesichts der starken Belastung fordert er nun Maßnahmen von der Politik und eine Diskussion über eine Begrenzung bei der Zuwanderung.
SWR Aktuell: Herr Arnold, wächst uns die Situation mit der Aufnahme von Flüchtlingen gerade wieder über den Kopf?
Richard Arnold: Ja, es ist schon so, dass in den letzten Monaten natürlich erheblich mehr geflüchtete Menschen gekommen sind. Das war im letzten Jahr auch schon so. Nach dem Desaster in Afghanistan haben wir dann auch zunehmend Ortskräfte bekommen, die wir auch oft genommen haben. Und dazu kamen aber noch verstärkt die Syrer. Und dann natürlich, wie bei allen anderen Gemeinden auch, kamen sehr viele Ukrainer in letzter Zeit. Allein nach Schwäbisch Gmünd, Stand heute: 1.237 Ukrainer, die wir kurzerhand unterbringen mussten.
SWR Aktuell: Viele Kommunen im Land beklagen, dass sie keine Kapazitäten mehr haben, wie ist denn die Situation in Schwäbisch Gmünd?
Arnold: Also das kann ich auch verstehen, weil das ist natürlich eine ganz, ganz große Schwierigkeit. Wir in Schwäbisch Gmünd haben immer schon den Weg beschritten, dass wir dezentral unterbringen, dass ich die Bevölkerung mit ins Boot hole. Was wir jetzt natürlich merken, ganz klar, beim Thema Wohnungen wird's eng, selbst in Schwäbisch Gmünd - Stichwort bezahlbarer Wohnraum. Wenn sie viele Flüchtlinge haben, auch Ukrainer, die teilweise das zum großen Teil garantiert bezahlt bekommen und du hast einen Vermieter, dann vermietet der natürlich eher so jemand die Wohnung - dann wird's natürlich eng. Und auch beim Thema Schulen: Wir hatten allein im letzten Jahr auf einen Schlag über 250 Schülerinnen und Schüler, die wir einschulen mussten, auch wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine. Oder wenn Sie Kindergärten nehmen, da haben wir natürlich ganz große Engpässe. Also da ist die Situation nicht mehr lustig. Und da müssen unbedingt Maßnahmen jetzt ergriffen werden, auf allen staatlichen Ebenen.
SWR Aktuell: Das heißt, ich höre zwischen den Zeilen raus: Sie als einer, der jahrelang für die Aufnahme von Flüchtlingen geworben hat, Sie treten jetzt auch ein bisschen auf die Bremse?
Arnold: Ich habe natürlich damals geworben, wir waren ja in einer Notsituation. Das war 2015 und 2016 und das war die Zeit, als wir ja noch Kapazitäten frei hatten. Mittlerweile haben wir natürlich sehr viel aufgenommen und wir haben diese Menschen, soweit es ging, auch integriert, auch in unseren Arbeitsmarkt. Und alles, was jetzt darüber hinausgeht und die vielen Neuen, die kommen, gehen zu Lasten derer, die wir integrieren müssen. Denn Integration ist ja nicht etwas, was Sie von heute auf morgen machen. Das ist ein längerfristig angelegter Prozess. Also auch im Sinne derer, die hier sind, sind uns Grenzen gesetzt nach oben, wenn es jetzt darum geht, wieviel Leute kommen denn jetzt noch? Das gefährdet die gute Integrationsarbeit der vergangenen Jahre.
SWR Aktuell: Sie haben eben Maßnahmen gefordert, neue Maßnahmen - welche wären das?
Arnold: Also ich erwarte schon, dass man auf Bundesebene ganz offen darüber diskutiert, dass es eine Begrenzung gibt. Weil, wie der frühere Bundespräsident Gauck gesagt hat: "Unsere Herzen sind weit, aber die Möglichkeiten sind begrenzt." Dem kann ich nur voll umfänglich zustimmen. Damit hängt schon zusammen, dass die Akzeptanz natürlich in der Bevölkerung schwindet. Auch ein Unterschied zu 2015 und 16 gerade hier in Schwäbisch Gmünd: Da haben wir viele Bürgerinnen und Bürger, die sich da ehrenamtlich engagieren.
SWR Aktuell: Jetzt schlägt dieses Thema Flüchtlinge zum Teil auch in den Wahlkampf ein, zum Beispiel in Bayern: Ist das gefährlich?
Arnold: Also es ist schon so, dass dieses Thema die Kraft hat, das Land zu spalten. Und da liegt es schon an den Kommunen, wie gut die Kommunen die Stadtgemeinschaft zusammenhalten können. Und das können wir aber nur, wenn von außen bei den Rahmenbedingungen die Maßstäbe strenger gesetzt werden.