Wohnraum für 450 Menschen

So sollen Geflüchtete in den Ortschaften von Ulm unterkommen

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Autor/in
Martin Miecznik
SWR Aktuell Autor Martin Miecznik
Christine Janke
SWR Aktuell Autorin Christine Janke

Der Gemeinderat hat entschieden, wo in den Ulmer Ortschaften Flüchtlingsunterkünfte gebaut werden. Geplant ist eine langlebige Holz-Modulbauweise - für insgesamt 450 Menschen.

Der Ulmer Gemeinderat hat sich am Mittwochabend mit großer Mehrheit für die geplanten Standorte für weitere Flüchtlingsunterküfte entschieden. Es ging um Unterkünfte in den Ulmer Teilorten Mähringen, Lehr, Ermingen, Einsingen, Unterweiler, Jungingen, Gögglingen-Donaustetten und Grimmelfingen. Nach zweistündiger Debatte stand die Mehrheit für diese Standorte fest (bei 32 Ja- und drei Nein-Stimmen), zudem wurde auch je ein weiterer Standort in Jungingen und in Gögglingen-Donaustetten beschlossen, falls der Bau an den bisher geplanten Stellen nicht möglich ist.

Viele Besucherinnen und Besucher bei der Gemeinderatssitzung

Die Sitzung des Ulmer Gemeinderats stieß auf großes Interesse. Die Besucherplätze im Sitzungssaal waren voll besetzt, teils lehnten Interessierte an den Fensternischen oder saßen darin. Erneut wurde Kritik laut, die Stadt sei zu spät in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern eingetreten. Dennoch fiel der Beschluss mit großer Mehrheit.

Hochwertige Holz-Modulbau-Häuser statt Wohncontainer

Es sollen nicht Container werden, die die Stadt Ulm für Geflüchtete bauen lässt, sondern hochwertige Häuser in Holz-Modulbauweise. 30 Jahre lang sollen die Bauten stehen - die die Stadt bereits für 16 Millionen Euro bestellt hat.

Grundriss der künftigen Wohnungen für Geflüchtete - praktisch, aber beengt. Bis zu vier Personen sollen jeweils in den Zwei-Zimmer-Wohnungen unterkommen
Grundriss der künftigen Wohnungen für Geflüchtete - praktisch, aber beengt. Bis zu vier Personen sollen jeweils in den Zwei-Zimmer-Wohnungen unterkommen

Ulm geht der Wohnraum für Geflüchtete aus

Hintergrund: Der Stadt geht der Wohnraum für Geflüchtete aus - schon jetzt sind es sehr viel mehr als im bisherigen Rekordjahr 2016. Damals waren es nach Angaben der Stadt 1.400 Menschen, die in Ulm Schutz suchten. Aktuell sind es 2.200. Allein aus der Ukraine sind noch viel mehr Menschen nach Ulm gekommen, nämlich 4.400, aber viele sind auch privat untergekommen und mussten nicht über die Stadt vermittelt werden. Die Folge ist dennoch: Die Wohnraum-Möglichkeiten in der Kernstadt sind erschöpft. Deshalb hat die Stadt eine Quote für die eingemeindeten Ortschaften von 2,5 bis 3 Prozent der Einwohner festgelegt.

Holz-Modulhäuser für Geflüchtete so schnell wie möglich

Das bedeutet, dass je nach Ortsgröße ein bis zwei Unterkünfte für mehrere Dutzend Menschen gebaut werden müssen. Wo die jeweiligen Standorte sind, hatte die Stadtverwaltung nach Befragung der einzelnen Ortschaftsräte festgelegt. Nachdem der Beschluss für die vorgeschlagenen Ortschaften nun gefallen ist, will die Stadt so schnell wie möglich mit dem Aufbau der Modulhäuser beginnen.

OB Czisch: In der Kernstadt geht der Platz für Geflüchtete aus - Turnhallen sind keine Alternative
Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU): Eine Geflüchteten-Quote von zweieinhalb bis drei Prozent der Einwohner in den Ortschaften sind "eine faire Lösung für alle".

Es waren emotionale Zeiten für Ulm, als die Stadt verkündete, dass der Platz für Geflüchtete in der Kernstadt jetzt nicht mehr ausreicht. Und dass jetzt die Teilorte ran müssen mit Wohnraum. Der Protest ließ nicht lange auf sich warten, viele waren völlig überrascht und fühlten sich geradezu überfahren.

Es gründete sich rasch eine Bürgerinitiative, die jetzt auf ein Antragsrecht im Gemeinderat hinarbeitet. Einer der Sprecher dieser Initiative ist Heiko Lanz aus Ulm-Lehr.

Wollen Antragsrecht - eine Bürgerinitiative in Ulm will bei der Wohnraumsuche für Geflüchtete in den Ortschaften mitreden
Dietmar Kenzle (links) aus Ulm-Mähringen und Heiko Lanz (rechts) aus Ulm-Lehr von der Bürgerinitiative "Integration gestalten - Konflikte vermeiden" fühlten sich von der ursprünglichen Herangehensweise der Stadt überfahren.

"Hoppla Hopp trifft es ganz gut", sagt er. "Die Wahrnehmung in den Ortschaften der Bewohner in den Ortschaften war größtenteils so, dass sie schockiert waren von dem Thema. Und zwar nicht, weil es hieß, jetzt sollen Unterkünfte für Geflüchtete gebaut werden." Kritisiert wurde die Vorgehensweise der Stadt.

"Das Schockierende war die Vorgehensweise der Stadtverwaltung. In ultra-kurzer Zeit zu versuchen, ihre Zwecke durch den Gemeinderat durchzudrücken. So kam es uns zumindest vor."

An der anfänglichen Haltung, die Stachel aufzustellen, hat sich vieles geändert. Die Stadt nahm die Ortschaftsräte in die Pflicht, selbst Alternativvorschläge für Standorte zu machen. In allen Ortschaften gab es Bürgerabende, bei denen Fragen beantwortet wurden - samt einem Internet-Angebot.

"Ich glaube, die Mehrheit derer, die am Anfang Sorgen hatten, weil vieles auch noch nicht ganz klar war, die sind jetzt befriedet." 

Unterbringung Geflüchteter: Keine Billigbauweise

Der ganze Vorgang eilt - die Baugenehmigungsverfahren für die jeweiligen Standorte sind bereits eingeleitet, auch wenn die Stadt sich noch nicht darauf einlassen will, jetzt schon einen konkreten Bautermin zu nennen. Die Holz-Modul-Häuser sind allerdings schon bestellt: zweigeschossig, mit 2-Zimmer-Wohnungen für bis zu vier Geflüchtete. Sie sollen 30 Jahre stehenbleiben - auf stabile Qualität ist also beim Bestellen durchaus geachtet worden.

Auch ein Konzept zur Integration der Geflüchteten ist geplant

Ein Konzept zur begleitenden Integration soll es auch geben. Gedacht ist bei den künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern vor allem an Menschen, die schon einige Zeit in Deutschland leben, junge Familien und alleinerziehende Frauen mit Kindern. Einen guten Teil der Änderungen schreibt sich die Bürgerinitiative "Integration gestalten - Konflikte vermeiden" auf die Fahnen.

Überhaupt gehe es nicht darum, die Geflüchteten möglichst weit weg vom Ort zu haben. Im Gegenteil. Die Bürgerinitiative nehme das Thema Integration ernst, sagt Dietmar Kenzle aus Ulm-Mähringen. Und dass bei einzelnen Standorten ein Zaun ums Haus verlangt wurde, das sei völlig missverstanden worden. "Zum Beispiel, wenn dieses Gebäude direkt neben einem Acker geplant ist, dann braucht es sehr wohl einen Zaun, damit nicht ein Kind vor einen Mähdrescher laufen kann."

Ein Rest-Misstrauen bleibt bei der Bürgerinitiative, ob die Stadtverwaltung sich jetzt tatsächlich in die Karten schauen lässt - für den Fall, dass die Zahl der Geflüchteten drastisch abnimmt und dann in den Ortschaften 30 Jahre lang die Unterkünfte stünden. Aber das, wissen alle Beteiligten ja auch, ist der unwahrscheinlichste Fall von allen.

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