Seit Monaten fiebern Wagner-Fans dem Termin entgegen. Am Sonntag geht im Theater Ulm die Premiere "Parsifal" über die Bühne - das erste Mal in der Theatergeschichte. Das letzte große Werk des berühmten Komponisten ist ein Opern-Marathon, wie ihn Ulm noch nie gesehen hat.
Ulmer Intendant: "Keine Angst vor Marathon"
Über fünf Stunden dauert die Vorstellung mit zwei Pausen. Das erfordert Sitzfleisch. "Es braucht aber niemand Angst zu haben, dass es zu langwierig wird - es passiert eine ganze Menge auf der Bühne", verspricht Intendant Kay Metzger, der auch selbst Regie führt. Außerdem sei die Oper nicht nur was für Kenner. "Ganz im Gegenteil, es kann sich jeder von dem gewaltigen Klangerlebnis verzaubern lassen."
Warum "Parsifal" in Ulm nie auf dem Spielplan?
Wagners sagenumwobenes Musikdrama "Parsifal" gilt als Krönung seines Lebenswerks. Im Theater Ulm tauchte es allerdings bisher nie als Bühnenwerk auf dem Spielplan auf: "Ich habe mich tatsächlich gewundert, als ich gehört habe, dass dies in der ganzen Zeit des Theaters noch nicht der Fall war, umso mehr bin ich stolz, dass wir das jetzt endlich machen", betont Kay Metzger. Eigentlich sei dies früher geplant gewesen, habe sich aber durch Corona verschoben.
Kurios: "Parsifal" 1915 auf "Stippvisite"
Allerdings war Wagners "Parsifal" 1915 schon mal auf "Stippvisite" in Ulm. Wenn auch nicht in Gänze, sondern als Konzertvariante. Und das kam so: Als das Werk vor 142 Jahren in Bayreuth uraufgeführt wurde, hatte es der Komponist fortan nur für Bayreuth vorgesehen und dies so verfügt. "1915 war es dann frei verfügbar und es gab in Ulm zwei Konzerte. Allerdings am Klavier, nicht mit Orchester. Zum Teil aber mit namhaften Sängerinnen und Sängern. Ein Tenor war dabei, der auch in Bayreuth gesungen hat, mit den sogenannten Highlights aus Parsival", erzählt Wagner-Kenner Kay Metzger.
Davon zeugt ein Handzettel zur Aufführung im damaligen Stadttheater, der jetzt im Zuge der Recherche im Stadtarchiv ans Tageslicht kam. "Man hätte "Parsifal" sicher, wie viele andere deutsche Stadttheater, spielen können - von der Größe her. Allerdings war damals das städtische Orchester in Ulm noch nicht so groß. Es wäre ein ziemlicher Aufwand gewesen, die fehlenden Musikerinnen und Musikern aufzustocken", so der Intendant.
Theater Ulm: "Das Haus vibriert"
Ein riesiger Aufwand ist die Bühnenproduktion auch jetzt für das Theater Ulm. Das ist bei der letzten Generalprobe im Großen Haus deutlich zu spüren. Kay Metzger wandert umtriebig zwischen den Sitzreihen, läuft vor die Bühne. Kaum hält es ihn am Regiepult. Stattdessen wechselt er ständig die Positionen, um nochmal ganz nahe bei den Akteuren zu sein.
"Ich spüre momentan so eine wunderbare Vibration im gesamten Theater. Dass alle wissen, das am Sonntag was bevor steht, was nicht business as usual ist. Und, dass wir da fast ausverkauft sind, ist ein tolles Signal, dass die Ulmer wirklich neugierig sind auf diesen Wagner", schwärmt Metzger.
"Parsifal" - ein Feuerwerk aus Sagen und Mythen
Auch in seinem letzten Werk um den Ritterssohn Parsifal geizt Wagner nicht mit Symbolen aus Mythologien, Sagen und Legenden. Dabei stehen vor allem philosophische Weltanschauungen im Fokus. "Ein unglaublich spannendes Werk, auch mit all seinen gesellschaftskritischen Aspekten", schwärmt Metzger. Die Figuren müssen sich ihren Lebensfragen stellen und den Weltschmerz aushalten.
Vorhang auf für modernen "Parsifal"
Wagner nehme das Publikum in "Parsifal" mit in eine geheimnisvolle Gralswelt. "Aber ich hole die Geschichte schon in die Moderne, damit sich die Menschen mit den Figuren identifizieren und sie kritisch beobachten können", so Regisseur Kay Metzger, der auch neues Publikum locken möchte. Ausgenommen sei Kundry, das rätselhafte Wesen, das zwischen allen Welten hin und her wandere.
Wegen der langen Spieldauer beginnt die Premiere am So (24.3) bereits um 17 Uhr. Es sind bis April noch fünf weitere Vorstellungen im Großen Haus geplant.