Namhafte Politiker von CDU und CSU haben mit dem Ellwanger Kreis Geschichte geschrieben und wichtige Absätze der neuen Verfassung auf den Weg gebracht. Zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes haben sich damit Neuntklässler am Peutinger-Gymnasium Ellwangen beschäftigt.
Wie viel das Grundgesetz mit Ellwangen zu tun hat, ist auch für die 15-jährigen Jugendlichen am Peutinger-Gymnasium neu. Die Klasse 9d staunt nicht schlecht, wie viele Minister und sogar Ministerpräsidenten der amerikanischen Besatzungszone hier auf der Ostalb tagten. Sie formulierten in ihrem Ellwanger Entwurf wesentliche Absätze, wie sie sich heute im Grundgesetz finden.
Der Name "Bundesrepublik Deutschland" wird im Ellwanger Kreis publik
Die hochrangigen Politiker von CDU und CSU wollten die Zukunft gestalten und prägten auch den neuen Namen für das Land. Dieser "vagabundierte schon vorher durch die Gegend", weiß Geschichtslehrer Michael Hoffmann. Aber in einem Verfassungsentwurf tauchte der anfangs etwas sperrig geltende Name "Bundesrepublik Deutschland" erstmals hier in Ellwangen auf. Obwohl manche auch dagegen waren und "andere Namen für diesen Staat haben wollten, hat er sich ja bis heute gut gehalten", erklärt der Ellwanger Historiker.
Schulklasse 9d: Es ist "cool" für Ellwangen und "schon verrückt"
"Es ist für die Stadt so cool, dass diese Politiker sich hier trafen", bemerkt der Neuntklässler Jannik Abele. Schließlich wurde hier Verfassungsgeschichte geschrieben und man kann den Ellwanger Kreis durchaus als Geburtshelfer des Grundgesetzes verstehen. Schulkameradin Emma Schwager findet es "schon verrückt, wenn man darüber nachdenkt". Denn es sei sehr wichtig für das Land, ergänzt Mitschüler Nils Wagner, "auch für die Geschichte Deutschlands".
Die süddeutschen Politiker, die sich Föderalisten nannten, pochten vor allem auf einen ausgeprägten Bundesstaat. Das fand seinen Niederschlag auch in dem Entwurf, der beim legendären Verfassungskonvent innerhalb von nur dreizehn Tagen im August 1948 in Herrenchiemsee formuliert wurde. Denn auch hier wirkten viele der namhaften Konservativen aus dem Ellwanger Kreis wie zum Beispiel Anton Pfeiffer von der CSU, der den Konvent leitete.
Das erste konspirative Treffen des christlich geprägten Freundeskreises fand im März 1947 bei den Ordensbrüdern auf dem Schönenberg statt, im Seminarhaus direkt neben der Wallfahrtskirche. Später mussten die Politiker auf Wunsch der Kirche in die Ellwanger Innenstadt umziehen, ins Gasthaus zum "Goldenen Adler".
Obwohl der Ellwanger Kreis da im Geheimen tagte und tafelte - ohne Presse und Fotografen hinter verschlossenen Türen - entging es der amerikanischen Militärregierung nicht. Sie überwachte die politischen Treffen und ließ die Politiker gewähren. Denn es gab eine hohe Übereinstimmung mit den "Vorstellungen der US-Amerikaner", betont Geschichtslehrer Hoffmann. "Auch sie wollten einen föderalen demokratischen Staat."
Dass sich die hohen Herren ausgerechnet nach Ellwangen chauffieren ließen, hatte zwei Gründe: einen geografischen und einen kulinarischen. Von Vorteil war einerseits die zentrale Lage zwischen den Landeshauptstädten Stuttgart, München und Wiesbaden, alle in der amerikanischen Besatzungszone gelegen. Für Ellwangen sprach aber auch die relativ gute Versorgung mit Nahrungsmitteln im ländlichen Umfeld. In den mit der Schreibmaschine abgetippten Protokollen sei nachzulesen, erzählt Michael Hoffmann, "dass für diese 20 Politiker mit ihren Chauffeuren genug zu essen da war - keine Selbstverständlichkeit nach dem Hungerwinter 46/47". Auch die Liebe zur Verfassung ging also durch den Magen.