Die Bürgerinitiative Laichinger Alb bildet seit Anfang Februar Sozialtrainer an Schulen aus. Anlass für das Projekt sind die Folgen der Corona-Zeit, die bei Kindern bemerkbar sind. Freiwillige sollen Schülerinnen und Schülern der fünften Klassen in Laichingen den Weg zu mehr Selbstsicherheit zeigen. So auch am Albert-Schweitzer-Gymnasium.
Umgang mit Aggressionen am Beispiel von "Miro"
Miro ist heute schlecht drauf. Er hat eine Sechs in Mathe geschrieben und will seinem Frust auf dem Pausenhof freien Lauf lassen. Als Achtklässler sucht er sich jemand Schwächeren, einen Fünftklässler, zum Ärgern. Miro nimmt dem Elfjährigen den Ball weg. Situationen wie diese sind Alltag in vielen Schulen.
Heute ist das für die 5c am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Laichingen aber nur eine Übung. "Miro" heißt eigentlich Daniel Reinhard. Er wird zum Sozialtrainer ausgebildet und konfrontiert die Kinder mit einer Konfliktsituation. Für viele ist das ungewohnt. "Am Anfang wusste ich nicht so ganz, wie ich mit solchen Situationen umgehen sollte", sagt die elfjährige Reyhaneh. Eine solche Unsicherheit sei gerade bei den Fünftklässlern bemerkbar. Sie haben den Beginn ihrer ersten Schuljahre in der Corona-Hochphase erlebt, so Daniel Reinhard.
Selbstbewusst gegen Mobbing in Laichingen
Im Unterricht von Daniel Reinhard lernen die Kinder, mit eigenen negativen Gefühlen umzugehen, Konflikte zu lösen und sich gegen Mobbing zu wehren. Dafür müsse man eine klare Haltung zeigen, die richtige Körpersprache haben und im Notfall eine Lehrkraft dazu holen. Jedes Kind hat einen Stein bekommen, mit dem es den eigenen 'Schutzschild' aktivieren kann. "Indem ich an Menschen denke, die ich liebe oder an Dinge, die ich kann, kann ich mein Schutzschild aktivieren. Die Beleidigung ist wie ein Stein und zerbröselt an meinem Schutzschild", erklärt die zehnjährige Carina.
Um mit Mobbing und Konflikten umzugehen, komme es auf das Selbstbewusstsein an, so Reinhard. Auch das soll mit dem Programm "Stark wie ein Löwe" gefördert werden. "Ich habe gelernt, dass wir nicht perfekt sind, aber wir sind stark und wir mögen uns so, wie wir sind", sagt der elfjährige Gabriel.
Die Folgen von Corona an Schulen
Daniel Reinhard ist hauptberuflich Ausbilder bei der Polizei. Ehrenamtlich lässt er sich zum Sozialtrainer schulen, von einem hauptberuflichen Resilienz- und Konflikttrainer. Später soll Daniel Reinhard die Unterrichtsstunden allein geben. Neben ihm haben sich noch zwei weitere Freiwillige als Sozialtrainer gemeldet. Die Bürgerstiftung Laichinger Alb hat das Projekt ins Leben gerufen. Ein Angebot, das deutschlandweit einmalig sei, so der Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung, Ralf Schiffbauer.
Für ihn sind in der Pandemie soziale Kompetenzen auf der Strecke geblieben. "Wie soll sich eine Klassengemeinschaft bilden? Wie wollen die füreinander einstehen? Wie wollen die miteinander die Schwierigkeiten des täglichen Lebens bestehen, wenn sie daheim nur in den Computer gucken?", so Schiffbauer.
"Stark wie ein Löwe" für Kinder soll nachhaltig wirken
Den Kindern fehle ein Stück Normalität. Das wolle man mit den Sozialtrainern zumindest in Teilen wieder ausgleichen, so Schiffbauer weiter. Vorab hatte die Bürgerstiftung eine Studie in Auftrag gegeben. Die hatte gezeigt, dass viele Kinder nach der Corona-Zeit Schwächen in ihrer Sozialkompetenz aufweisen. Ziel ist, dass die ehrenamtlichen Sozialtrainer langfristig für alle Schulen in Laichingen zur Verfügung stehen, wenn ihre Ausbildung abgeschlossen ist.
Gewalt im Internet
Mittlerweile spiele sich Mobbing nicht mehr nur auf dem Schulhof ab, sagt der Sozialtrainer in Ausbildung Daniel Reinhard. "Früher, wenn's eine Rauferei auf dem Pausenhof gab, dann war die auf dem Pausenhof beendet. Heutzutage geht ja die Gewalt auf Social Media weiter." Um damit klarzukommen, müsse man den Kindern Werkzeuge geben, so Reinhard.
Werkzeuge wie der Stein in der Hosentasche, der an das eigene Schutzschild erinnert. Doch was, wenn der mal verloren geht? Davor hat die zehnjährige Suela keine Angst: "Dann wissen wir, jetzt sind wir bereit und brauchen den Stein gar nicht mehr. Jetzt können wir es auch ohne Stein schaffen, unser Schutzschild auszubreiten. Und den Stein, den findet irgendjemand, der ihn braucht."