Am Montag hat der Untersuchungsausschuss zur "Polizeiaffäre" in Baden-Württemberg seine Arbeit im neuen Jahr fortgesetzt. Die Aufarbeitung der Vorwürfe sexueller Belästigung an der Polizeispitze in Baden-Württemberg und ihre politischen Folgen ging damit in die nächste Runde.
Strobls Handeln in der "Polizeiaffäre"
Im U-Ausschuss geht es unter anderem um das Handeln von Innenminister Thomas Strobl (CDU) und des Innenministeriums im Fall eines Inspekteurs der Polizei Baden-Württembergs. Den Ermittlungen zufolge soll der Polizist vor mehr als einem Jahr in Stuttgart eine Polizeibeamtin sexuell belästigt haben - im Gegenzug für Karrierevorteile. Erst kürzlich hatte das Stuttgarter Landgericht die Anklage gegen den Mann zugelassen. Damit wird ihm der Prozess gemacht. Der Polizist bestreitet die Vorwürfe.
Polizei-Inspekteur galt als Favorit Strobls
Innenminister Strobl stand wegen der Sache lange unter Druck. Wie der ehemalige Personalchef im Landespolizeipräsidium einräumte, galt der Polizei-Inspekteur als Wunschkandidat Strobls. Zudem hatte Strobl nach eigenen Angaben ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs an einen Journalisten weitergereicht. Die Ermittlungen gegen Strobl in dieser Sache wurden gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Am Montag war der ehemalige Staatssekretär im Innenministerium, Julian Würtenberger (CDU) in den U-Ausschuss eingeladen. Er galt als wichtigste Stütze von Innenminister Thomas Strobl (CDU) in seiner Zeit als Staatssekretär. Mittlerweile ist er im Ruhestand.
Würtenberger: "Wir haben nichts Falsches gesagt"
Würtenberger räumte vor dem Ausschuss eine gewisse Flexibilität des Hauses im Umgang mit journalistischen Anfragen ein. Ein weiterer Journalist wollte nämlich vom Ministerium wissen, wer das Anwaltsschreiben an den Reporter weitergereicht habe. Das Haus hielt sich jedoch damals bedeckt, klärte die Frage bewusst nicht auf. "Wir haben nichts Falsches gesagt, wir haben eine Nebelkerze geworfen", rechtfertigte sich Würtenberger. "Wir haben die Frage nicht beantwortet." Aber die Unwahrheit habe man nicht gesagt. Erst später war bekannt geworden, dass es Innenminister Strobl selbst war.
Würtenberger verteidigte sein Vorgehen gegenüber der Staatsanwaltschaft, Ermittlungen gegen Unbekannt wegen der Weitergabe eines Anwaltsschreibens nicht zuzulassen.
Opposition spricht von "Trickserei"
Die Opposition übte daraufhin am Montagabend bei einer Pressekonferenz scharfe Kritik am Vorgehen des Innenministeriums. So sei es wohl die Linie des Innenministers, im Zweifel Nebelkerzen zu werfen "und im Zweifel eben nicht die Wahrheit zusagen", sagte SPD-Innenexperte Sascha Binder.
Dass die Öffentlichkeit bei der Weitergabe eines Anwaltsschreibens durch Innenminister Strobl vier Monate im Unklaren blieb, bemängelte auch die FDP-Abgeordnete Julia Goll. Sie bezeichnete die Aussage des ehemaligen Staatsekretärs als "Trickserei". Im Innenministerium wollte man damals "eindeutig etwas verbergen". Und Hans-Jürgen Goßner (AfD) merkte nicht ohne Spott an, dass die Nebelkerzen-Äußerung von Würtenberger das "offenste und ehrlichste" im kompletten Untersuchungsausschuss darstellte.
Staatssekretär zur Person des Polizei-Inspekteurs
Würtenberger hat damals nach eigenen Worten mit Erschütterung und Enttäuschung auf die Vorwürfe gegen den Inspekteur der Polizei reagiert. Er habe ihn als kommunikativen Beamten kennengelernt, der fachlich die Erwartungen erfüllt habe, so Würtenberger im U-Ausschuss am Montag in Stuttgart.
"Strategisch denkend", "zugewandt, offen, mitarbeiterorientiert", als "anerkanntes Rad im Getriebe" - mit diesen Formulierungen beschreibt er den Inspekteur. "Umso erschütterter und überraschter war ich, als ich gehört habe, was ihm vorgeworfen wird", sagte Würtenberger. Es erschließe sich nicht in einer solchen Situation, was sich sonst so tue "hinter der Fassade".
"Betriebsfeiern sind das Schlimmste"
Mit Blick auf Fälle sexueller Belästigung bei der Polizei riet Würtenberger grundsätzlich zu einer "Obachtshaltung". Man dürfe sich nicht blenden lassen. "Das Schlimmste sind Betriebsfeiern - dort die Form zu wahren, als wenn es eine dienstliche Besprechung wäre", sagte er, diese Erkenntnis sollte man Führungskräften vermitteln. Ein strukturelles Problem könne er aber bei der Polizei nicht erkennen. Dort, wo Kolleginnen und Kollegen eng zusammenarbeiteten, müsse man darauf achten, dass solche Themen von Führungskräften thematisiert würden.