Hitler hatte ein Führerhauptquartier auf dem fast 1.000 Meter hohen Kniebis im Nordschwarzwald (Kreis Freudenstadt). Dieses Quartier "Tannenberg" war eines von acht im Deutschen Reich, die er nutzte. Heute zeugen noch ein paar überwucherte Steine von dem Quartier, in dem Hitler und die nationalsozialistische Führungselite im Sommer 1940 einige Tage verbracht hatten. Es war das einzige Führerhauptquartier im Südwesten.
Führerhauptquartier auf dem Kniebis: Wenig bekannt
Diesen Ort zu erkunden, von dem selbst viele "historisch bewanderte" nichts wüssten, sei das Ziel der Tagung, sagte Christiane Walesch-Schneller. Sie hat das zweitägige Treffen im Nationalparkzentrum Ruhestein organisiert, bei dem sich Deutsche und Französische Forschende ausgetauscht haben - darüber, was im Führerhauptquartier im Schwarzwald passiert sein könnte.
Keine Protokolle über Treffen im Führerbunker
Einiges weiß man über die Ereignisse, obwohl es von dem Treffen keine Protokolle gibt. Hitler und die Führungs-Elite, darunter auch Propaganda-Minister Josef Goebbels und der SS-Chef Heinrich Himmler, landeten im Juni 1940 mit vier Maschinen in Eutingen im Gäu (Kreis Freudenstadt) und fuhren in einer großen Wagenkolonne über Horb am Neckar Richtung Kniebis. Aus einigen Ortschaften sei überliefert, dass die Bevölkerung winkend am Wegrand stand. In Eutingen im Gäu etwa habe es schulfrei gegeben, berichtete Friedrich Wein, der sich neben seinem Job als Architekt mit der Bunkeranlage befasst und einmal im Jahr Besuchergruppen durchführt.
Zu dem Zeitpunkt, als Hitler den Nordschwarzwald besuchte, war Frankreich gefallen, Paris erobert. "Es ist gesichert, dass Hitler hier an seiner Siegesrede über Frankreich arbeitete", so Wein. Außerdem ist belegt, dass Hitler und seine Entourage Ausflüge machten: nach Straßburg, ins Elsass und in ein Lazarett nach Freudenstadt.
Frauenbesuch bei Hitler mit Brief und Erdbeertorte
Frauen des nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienstes in Oppenau (Ortenaukreis) waren offenbar begeistert von dem Aufenhalt der Nazi-Elite. Im Teehaus wurden sie von Adolf Hitler empfangen, nachdem sie bei der Bunker-Wache einen Brief und einen Erdbeerkuchen abgegeben hatten, weiß Friedrich Wein. Dass Menschen ins Führerhauptquartier eingeladen worden seien, weil sie den Führer treffen und mit ihm Zeit verbringen wollten, habe es sonst nicht gegeben, sagte er dem SWR.
Rätselhaft: Was könnte im Führerhauptquartier passiert sein?
Ein Thema beschäftigt die Forschenden besonders. Nur zwei Wochen nach dem Aufenthalt der NS-Führungsspitze auf dem Kniebis habe die Ausweisung der jüdischen Bevölkerung aus dem Elsass begonnen, sagte Christiane Walesch-Schneller. Auch die Breisacher Brücke sei nach dem Treffen in kürzester Zeit wiederhergestellt worden. Über die rollten dann im Oktober 1940 sieben Züge, die 6.500 Juden aus Baden, dem Saarland und der Pfalz ins Internierungslager Gurs in Südfrankreich brachten.
Deportation von über 6.000 Jüdinnen und Juden
"Die Frage ist, wie das gelingen konnte, dass man über 6.000 Menschen zwischen der Schweizer Grenze, dem Saarland, dem Schwarzwald und der Pfalz an einem Vormittag verhaften konnte. Das lässt uns keine Ruhe", sagte Walesch-Schneller, die Vorsitzende des Blauen Hauses, einer Gedenk- und Erinnerungsstätte zur Geschichte der Juden am Oberrhein.
Bei dem Treffen auf dem Kniebis waren auch zwei Gauleiter anwesend, die für die Deportationen mitverantwortlich gewesen sind. Könnten damals also die Weichen für die Aktion gestellt worden sein? Immerhin habe es in den Tagen viel Zeit zum Reden gegeben, meint Walsch-Schneller. Belege gebe es bisher nicht. Man sei aber in Kontakt mit elsässischen und französischen Forschern und sammle Hinweise.
Bunker gesprengt - kein Problem mit Neonazis
Heute deuten nur noch wenige Ruinen im Wald auf das ehemalige Führerhauptquartier hin. Manche liegen lediglich ein paar Meter vom Wegesrand entfernt. Vom Teehaus ist kaum noch etwas geblieben. Betreten darf man den Bereich der Ruinen nicht.
Das Hauptquartier wurde Ende der 1940er Jahre zerstört und in den 1960er Jahren nochmals gesprengt, Birken darüber gepflanzt. Ein Problem mit Schmierereien oder Neonazis habe er in 35 Jahren nicht erlebt, sagte Friedrich Wein. Er hoffe, dass das so bleibt.