Ausstieg aus Kohleenergie bis 2030

TransnetBW fordert Bau neuer Kraftwerke in Baden-Württemberg

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Um die Energiewende voranzutreiben, braucht es laut TransnetBW mehrere größere Kraftwerke in BW. Sie sollen als "Backup" dienen. Andernfalls könnte es teuer für Verbraucher werden.

Der Netzbetreiber TransnetBW mahnt zu einem Bau neuer Kraftwerke insbesondere im Süden Deutschlands, um für den Kohleausstieg 2030 gewappnet zu sein. Die politischen Entscheidungen zum Ausstieg aus Kernenergie und Kohle würden zwar effizient umgesetzt, so der Vorsitzende der Geschäftsführung, Werner Götz. "Parallel braucht es aber dann eine Kraftwerksstrategie, die Backup-Kapazität sicherstellt." Für Baden-Württemberg gehe es um 6,5 Gigawatt - das entspricht 10 bis 15 größeren Kraftwerken.

2030 klinge zwar noch weit weg. Schaue man sich allerdings die Genehmigungsverfahren und Bauzeiten an, müsste man jetzt starten, "wenn wir 2030 durchs Ziel laufen wollen", so Götz.

Bau des ersten Gaskraftwerks begonnen

Der Energiekonzern EnBW etwa hat im Frühjahr in Stuttgart mit dem Bau des ersten von drei neuen Gaskraftwerken begonnen und will so bis 2026 die Stromerzeugung aus Kohle im mittleren Neckarraum beenden. Die Anlagen sollen spätestens 2035 mit grünem - also mithilfe von erneuerbaren Energien hergestellten - Wasserstoff betrieben werden. In einem Bericht der deutschen Übertragungsnetzbetreiber zu einem beschleunigten Kohleausstieg bis 2030 heißt es jedoch auch, einige Steinkohlekraftwerke müssten "in die Netzreserve überführt werden und mit hinreichender Verlässlichkeit verfügbar sein, um eine effiziente Bewirtschaftung von Netzengpässen gewährleisten zu können".

Die Dringlichkeit ist nach Einschätzung von Werner Götz in Berlin erkannt - nicht zuletzt, weil Bundesenergieminister Robert Habeck (Grüne) und seine Partei die Energiewende wirklich möglich machen wollten. "Es ist das erste Mal, dass ich das Gefühl habe, dass ernsthaft zugehört wird, dass reflektiert wird und dass dann auch Lösungen gesucht werden."

Redispatch in BW: Immer wieder muss Strom importiert werden

Doch das Thema sei hochkomplex, weil marktrelevante Faktoren berücksichtigt werden müssten und nicht nur eine nationale Strategie entwickelt werde. "Die muss mit Brüssel abgeglichen werden", erklärte Götz. Das dauere zum einen womöglich zu lang. Zum anderen bestehe die Gefahr, dass regionale Aspekte zu wenig berücksichtigt werden. "Eine Regionalisierung ist aus unserer Sicht aber existenziell wichtig."

Denn beispielsweise die Wasserstofftechnologie werde zuerst im Norden ausgebaut, wo Windenergie vom Meer ankommt. In Baden-Württemberg sei erst nach 2030 mit nennenswertem Ausbau zu rechnen. Und schon heute sei der Strombedarf im industriereichen Süddeutschland größer als die hier produzierte Menge. Immer wieder muss Strom importiert oder etwa aus Reservekraftwerken hinzugeführt werden. Das nennt man Redispatch.

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Wasserstofffähige Gaskraftwerke: Bisher fehlen Anreize für Investoren

"Wir brauchen ein Anreizsystem, das die zeitliche Dringlichkeit und die regionale Verortung berücksichtigt", sagte der Manager. Daher habe TransnetBW ein Instrument als schnelle Lösung entwickelt: Kraftwerksbetreiber sollen einen Investitionsvorschuss bekommen - auf Grundlage erwartbarer Redispatch-Erlöse. "Der Gedanke ist, ihnen auf Basis unserer Simulationen eine garantierte Abnahme zuzusichern. Damit hätten sie neben den erwartbaren Markterlösen eine zweite Einnahmequelle", so Götz.

Bisher fehlen solche Anreize, beispielsweise für wasserstofffähige Gaskraftwerke. Da solche Kraftwerke zur Deckung der Stromnachfrage erst nach den erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen sollen, ist die Wirtschaftlichkeit für Investorenallerdings nur schwer abzuschätzen. Das Anreizsystem der TransnetBW soll hier Abhilfe leisten.

Götz zeigte sich optimistisch, dass das System bei der Bundesnetzagentur Gehör findet. Als Übergangslösung könne das relativ schnell greifen und Investitionsentscheidungen schon fürs nächste Jahr möglich machen. "Es ist eine handwerklich vielschichtige Aufgabenstellung, diesen regulatorischen Rahmen so umzusetzen, dass er auf Bundesebene mehrheitsfähig wird und dass er auch auf europäischer Ebene zustimmungsfähig wird", sagte Götz. Aber es sei machbar.

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TransnetBW-Chef: "Millionen Anlagen gehorchen nicht mehr unserem Befehl"

Wichtig sei es auch, Verbraucherinnen und Verbraucher transparent die Notwendigkeit des Netzausbaus zu erklären, sagte der TransnetBW-Chef. Aufgabe der Netzbetreiber sei unverändert, Strom bereitzustellen. "Wir müssen Erzeugung und Verbrauch in jeder Sekunde in Balance halten."

Anders als vor zehn Jahren seien die Rahmenbedingungen aber andere, weil nicht mehr alle Kraftwerke beliebig steuerbar seien. "Mehrere Millionen Anlagen in Deutschland gehorchen nicht mehr unserem Befehl, sondern produzieren dann, wenn die Außenbedingungen - also Sonne und Wind - es ermöglichen", so Götz. Der Verbraucher hingegen frage nicht nach, ob es gerade passe, wenn er den Lichtschalter oder die Kaffeemaschine einschalte.

Und der Verbraucher macht, was der Verbraucher eben so macht: Er geht an den Lichtschalter, schaltet die Kaffeemaschine ein - aber ruft nicht bei uns an, ob es gerade passt.

TransnetBW-Chef: Ist die Energiewende zu teuer, ist die Akzeptanz gefährdet

Es sei wichtig, die Bürgerinnen und Bürger bei der Energiewende mitzunehmen. Beim Bau neuer Infrastruktur wie Kraftwerken oder Masten entstünden oft persönliche Betroffenheiten. Der Angriffskrieg auf die Ukraine und die darauf folgende Energiekrise hätten aber zu einem Umdenken in der Bevölkerung geführt, so Götz.

Am Ende entlaste der Netzausbau die Verbraucher auch finanziell, weil Ausgaben für Redispatch-Maßnahmen umgelegt werden - die Stromrechnung also steigt. "Das ist ein Thema, das wir im Auge behalten müssen, weil Energiewende und Energieversorgung bezahlbar sein müssen." Würde die wirtschaftliche Belastung zu stark, gefährde das die Akzeptanz.

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