Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland von etwa 870 verstorbenen Menschen Organe zur Transplantation entnommen. Insgesamt waren es laut der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) knapp 2.800 Organe - das sind etwa 200 weniger als im Vorjahr. Unterdessen stieg in Baden-Württemberg die Zahl der Spender im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 22 Prozent an - nämlich von 108 auf 132. Damit liegt das Land liegt mit knapp zwölf realisierten Spendern pro einer Million Einwohner über dem Bundesdurchschnitt von etwas mehr als zehn.
Um die Zahl der Organspenden zu steigern, plädiert Axel Rahmel, medizinischer Vorstand der DSO, für eine Widerspruchsregel. Das würde bedeuten, dass im Todesfall eine Organspende grundsätzlich gestattet ist - es sei denn, der oder die Verstorbene hat das zu Lebzeiten abgelehnt.
Ähnlich sieht das auch der Chef des Klinikums Stuttgart, Jan Steffen Jürgensen. "Wir sprechen uns aus der täglichen Auseinandersetzung mit Menschen, die auf Organe hoffen und deren Leid wir sehen, dafür aus, die Widerspruchslösung noch einmal aufzugreifen", sagte Jürgensen dem SWR.
BW-Gesundheitsminister Lucha für Widerspruchslösung
Auch Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) ist für eine solche Regelung. Im Vorfeld des Tags der Organspende am Samstag forderte er eine erneute Debatte um Regelungen bei der Organspende. Er trete "entschieden für die Widerspruchslösung ein", sagte Lucha. Dies würde bedeuten, dass grundsätzlich jeder als Organspender infrage komme, sofern er nicht Widerspruch einlege, äußert sich der Grünen-Politiker ähnlich wie Axel Rahmel von der DSO.
Manche Menschen zeigen mit einem Tattoo, dass sie sich für eine Organspende entschieden haben.
Mehr als ein Ausweis "Starkes Statement": Organspende-Tattoos sind in BW beliebt
Organspenden werden dringend gebraucht in Deutschland. Viele würden nach ihrem Tod zwar spenden, dokumentieren das aber nirgends. Andere zeigen ihre Entscheidung sichtbar - als Tattoo.
In BW warten derzeit rund 1.000 Menschen auf ein Spenderorgan
Derzeit sind 1.016 Menschen aus Baden-Württemberg auf der Warteliste der Stiftung Eurotransplant für eine Organtransplantation registriert, teilte die Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK) kürzlich mit. Davon warteten 786 auf eine neue Niere und 110 auf eine Leber. 68 Patientinnen und Patienten seien schwer herzkrank. Im vergangenen Jahr seien in Baden-Württemberg 459 Organtransplantationen realisiert worden, darunter 101 nach Lebendspenden.
Anfang 2023 warteten bundesweit noch etwa 8.500 Menschen auf ein Spenderorgan. Während die Zahl der Organspender in der Zeit der Corona-Pandemie zunächst stabil blieb, brach sie Anfang 2022 ein. Obwohl sie sich dann wieder auf dem Niveau der Vorjahre stabilisierte, spendeten vergangenes Jahr nur 869 Menschen nach ihrem Tod Organe. Das entspricht einem Rückgang um rund sieben Prozent gegenüber dem Jahr 2021, als noch 933 Menschen Organe gespendet hatten. Die Zahl der gespendeten Organe pro Spender beziehungsweise Spenderin blieb mit etwa 3,1 stabil.
Tag der Organspende Zu wenig Organspenden in Deutschland
Mehr als 8500 Menschen warten in Deutschland derzeit auf ein Spendeorgan - viele davon vergeblich. Wie kann man die Spendenbereitschaft erhöhen?
Patientenschützer fordern Verbesserungen bei der Organspende
Patientenschützer fordern, dass die Bedingungen für mehr lebensrettende Organspenden in Deutschland dringend verbessert werden. "Das schon jahrelang andauernde Politikversagen muss jetzt ein Ende haben", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur zum Tag der Organspende am Samstag. Er verwies auf ein bereits 2020 vom Bundestag beschlossenes Gesetz, das unter anderem ein neues zentrales Register vorsieht. "Die beschlossenen Instrumente müssen endlich den Menschen flächendeckend zur Verfügung stehen und funktionieren", so Brysch.
In Deutschland gilt aktuell die sogenannte Zustimmungslösung. Danach ist eine Organspende nur möglich, wenn sich die Spenderinnen und Spender zu Lebzeiten ausdrücklich dafür entschieden haben oder wenn nach dem Tod die Angehörigen zustimmen.