Das Landgericht Freiburg hat seit April einen weiteren Fall schweren sexuellen Kindesmissbrauchs verhandelt. Angeklagt war ein 35-jähriger Mann aus Jüchen (Nordrhein-Westfalen), der bislang ein geregeltes Leben als Telekomangestellter geführt hat und noch nicht vorbestraft war. Weil er sich an zwei Kindern vergangen hat, muss er nun für fünf Jahre ins Gefängnis. Nach Abbüßen der Haft soll eine anschließende Unterbringung in Sicherungsverwahrung geprüft werden.
Vertrauen von Kind ausgenutzt
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann zwischen 2019 und 2021 dem damals acht Jahre alten Sohn einer befreundeten Familie aus Müllheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) rund 20 Mal schwerste sexuelle Gewalt zugefügt hat. In den Schulferien war er dort mehrmals zu Besuch. Er hatte zu dem Jungen ein vertrauensvolles Verhältnis und brachte ihn abends regelmäßig ins Bett. Dort zwang er den Jungen aber zu sexuellen Handlungen. Nach einer Autofahrt, während der er den Intimbereich des Kindes manipulierte, flog alles auf: Der Junge wandte sich an seine Mutter, die dann die Polizei verständigte.
Als "Babysitter" Kind missbraucht
Im Zuge der Ermittlungen kam dann heraus, dass der Mann in seiner Freizeit unter anderem ehrenamtlich in der Jugendarbeit aktiv war und außerdem auf einer Babysitter-Plattform seine Dienste angeboten hatte. 2016 engagierte ihn eine Familie aus Bonn. Dort kassierte er einerseits den Stundenlohn fürs "Kinderhüten" und nutzte andererseits die Gelegenheit aus, sich an dem elfjährigen Sohn sexuell zu befriedigen.
Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Bei seiner Festnahme 2021 fand die Polizei umfangreiches kinderpornografisches Material. Auf dem Computer des 35-Jährigen wurden über 80 einschlägige Videos sichergestellt. Der Mann befindet sich seither in Untersuchungshaft. Zum Schutz der geschädigten Kinder fand der Prozess weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Eine Aussage vor Gericht war den Opfern erspart geblieben, da der Angeklagte die Vorwürfe eingeräumt hatte.
Psychologische Diagnose: Voll schuldfähig
Laut Gutachter soll der Mann voll schulfähig sein. Unsicher sei allerdings, ob er einen Hang zu weiteren Straftaten habe. Vieles deute darauf hin, denn der 35-Jährige sei seit 2004 immer wieder wegen ähnlicher Vergehen in Erscheinung getreten, allerdings ohne strafrechtlich dafür belangt zu werden, hieß es in der Urteilsbegründung. Demnach sei zwar sicher, dass der Angeklagte auf "vorpupertäre Knaben" stehe und dass er auch eine gewisse kriminelle Energie habe, sich Zugang zu ihnen zu verschaffen. Dennoch könne man nicht zweifelsfrei von einem "zwanghaften pathologischen Handeln" sprechen. Der 35-Jährige habe bereits angekündigt, eine Therapie machen zu wollen. Sollte diese erfolgreich sein, könnte ihm eine Sicherungsverwahrung im Anschluss an die Haft erspart bleiben.
Pro Tag werden 48 Kinder Opfer von sexualisierter Gewalt
In Deutschland sind vergangenes Jahr im Durchschnitt jeden Tag mindestens 48 Kinder und Jugendliche Opfer sexualisierter Gewalt geworden. Das geht aus der aktuell veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Fast 17.500 Mädchen und Jungen unter 14 Jahren wurden als Opfer von Missbrauch angezeigt. Rund 2.300 von ihnen waren jünger als sechs Jahre. Die Kinder sind danach meist traumatisiert, so auch der missbrauchte Junge aus Müllheim. Dem Gericht zufolge leidet er an Depressionen und ist in psychologischer Behandlung.