Die zentrale Veranstaltung zum bundesweiten Tag der Organspende am Platz der Alten Synagoge stand unter dem Motto "Zeit Zeichen zu setzen". Seit Samstagvormittag wurde an verschiedenen Stationen über die Organspende im Falle eines Tods aufgeklärt - unter anderem durch Informationsstände, begehbare Organmodelle und beispielsweise der Aktion "Geschenkte Lebensjahre". Organempfänger können dabei Schilder hochhalten, die darauf hinweisen, wie viele Jahre sie schon mit einem Spenderorgan leben. Rechnet man die Lebensjahre zusammen, kommen die Menschen in Freiburg auf insgesamt 877 symbolische Lebensjahre.
Gelegenheit sich zu bedanken und Mut zu machen
Bereits seit 42 Jahren existiert der Tag der Organspende. Ursprünglich wurde er von Patientenverbänden ins Leben gerufen, um den Spendern zu danken. Doch er dient auch dazu, die Bevölkerung auf das Thema aufmerksam zu machen, darüber zu informieren und zu motivieren, eine Entscheidung zu treffen. Auch, um diese Entscheidung im Organspendeausweis zu dokumentieren und mit Angehörigen zu sprechen, damit diese informiert seien, sagt Burkhard Tapp. Er ist Leiter der Regionalgruppe Bundesverband der Organtransplantierten e.V. Seit 22 Jahren lebt er selbst mit einer gespendeten Lunge.
An der Uniklinik Freiburg führt Burkhard Tapp seit 12 Jahren vor und nach Organtransplantationen Sprechstunden - auch mit Angehörigen. Dort erlebe er hautnah, wie lange Menschen auf eine Organspende warten. Oft scheitere eine Organspende daran, dass Menschen zu ihren Lebzeiten keine Entscheidung getroffen hätten, sagt Tapp. Dann müssen Angehörige für sie entscheiden und viele lehnen die Organspende dann ab.
Für Patienten, die auf eine Spende angewiesen sind, hat das Wartezeiten von mehreren Jahren zur Folge. Im schlimmsten Fall sterben sie, oder ihr Krankheitszustand verschlechtert sich über die Jahre derart, dass eine Organspende überhaupt nicht mehr möglich sei, so Tapp. In Freiburg warten demnach aktuell rund 400 Menschen auf ein Spenderorgan.
Nur wenige können überhaupt Organspender werden
Es müsse noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden, findet Tapp. Laut Umfragen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung würde sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht ausreichend informiert fühlen.
Aber nur wenige Menschen können überhaupt Organspender werden, sagt Dr. Axel Rahmel der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Die Voraussetzung etwa beim Spenden der Lunge oder des Herzes ist der Eintritt des irreversiblen Ausfalls der Hirnfunktion, also der Hirntod. Dabei wird das Gehirn nicht mehr durchblutet. Der Kreislauf und die Atmung der verstorbenen Person werden durch künstliche Beatmung und Medikamente aufrechterhalten. So funktionieren die Organe noch weiterhin.
Alter sei laut Rahmel kein Ausschluss für eine Organspende. Die Ärztinnen und Ärzte und die DSO prüfen die vorliegenden Erkrankungen nach einem vorliegenden Befund und entscheiden, ob jemand als Organspender in Frage kommt.
Anzahl der Spenden an Uniklinik Freiburg ist bundesweiter Höchstwert
Freiburg habe sich beim Thema Organspende besonders engagiert, sagt Axel Rahmel. Die Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) organisiert unter anderem den Tag der Organspende und entscheidet mit, in welcher Stadt er ausgetragen werden soll. Mit der Initiative #FreiburgEntscheidetSich von der Uniklinik und Stadt Freiburg, dem Bundesverband der Organtransplantierten sowie 20 weiteren Akteuren aus Sport, Wirtschaft und Gesellschaft habe man sich zum Ziel gesetzt, mehr Menschen bewusst entscheiden zu lassen, ob sie Organe spenden wollen oder nicht.
In Deutschland ist es die Freiburger Uniklinik, die im letzten Jahr mit 21 Spenden die meisten Organspender hatte. Hier zeige sich eine Stadt mit einem Oberbürgermeister, mit den Mitarbeitenden der Klinik, aber auch mit einer Bevölkerung, die hinter der Organspende stünden, so Rahmel weiter. "Das ist ein ganz starkes Zeichen."
Beweis für normales Leben nach der Transplantation
Viktoriia Pelin ist für den Tag der Organspende aus Köln angereist. Die 19-Jährige engagiert sich beim Juniorenteam der Kinderhilfe Organtransplantation, KiO Youth. Nach einer seltenen Nierenerkrankung hat sie vor neun Jahren die Niere ihres Vaters gespendet bekommen.
"Wir sind der lebende Beweis dafür, dass man nach einer Transplantation ein (fast) normales Leben führen kann", sagt sie in Freiburg stolz. Ihr und den anderen im Team sei der Tag unheimlich wichtig. Er zeige der Öffentlichkeit, dass es Menschen gibt, die mit einem Spenderorgan leben. Und jeder könne spenden, ermutigt sie ihr Umfeld.
KiO Youth möchte zukünftig auch in Schulen über die Organspende aufklären und ist Verfechter der sogenannten Widerspruchslösung. Im Bundestag wurde im vergangenen Jahr immer wieder darüber diskutiert, ob die Einwilligungslösung in eine Widerspruchslösung geändert werden sollte. Das würde bedeuten, dass Menschen nach ihrem Tod automatisch zum Organspender werden könnten, außer sie widersprechen vorher dagegen.
In vielen europäischen Nachbarländern gibt es diese Lösung bereits - mit der Folge, dass der Anteil der Organspender zum Teil höher ist. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich im Januar 2024 über einen Versuch für eine Reform der Organspenderegeln ausgesprochen. Auch der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) positionierte sich für die Widerspruchslösung.