Ein mobiler Luftfilter steht in einem Klassenraum, im Hintergrund sitzen zwei Schülerinnen.

Kritik an Versäumnissen der Politik

Kältefrei statt Hitzefrei? Schulen befürchten nächsten Corona-Herbst

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Jan Ludwig
Wera Engelhardt
Wera Engelhardt

Lehrermangel, Corona, Energiekrise - die großen aktuellen Probleme verdichten sich an den Schulen. Eltern und Lehrer sehen nach dem Sommer neues Chaos kommen.

Große Sorgen trotz Ferienbeginns: Lehrerinnen und Lehrer in Südbaden befürchten, dass den Schulen nach den Sommerferien ein neuer chaotischer Corona-Herbst und -Winter bevorsteht. "Wir schauen mit einem mulmigen Gefühl in Richtung Herbst", sagte Beate Dettmann, Mathelehrerin und Leiterin der Oberstufe an der Paula Fürst Schule in Freiburg. Auch die Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW in Baden-Württemberg, Monika Stein, hatte zuvor Sorgen mit Blick auf das neue Schuljahr geäußert.

Mathelehrerin Beate Dettmann steht vor ihren Schülerinnen und Schülern in einem Klassenzimmer.
Lehrerin Beate Dettmann unterrichtet eine Stunde Mathe vor den Ferien in der Paula Fürst Schule Freiburg.

Forderung nach Reserve an Lehrkräften

Aus Dettmanns Sicht gibt es auch im dritten Jahr der Pandemie zu viele Unklarheiten für die Schulen und deren Personal. So vermisst die Lehrerin zum Beispiel eine Reserve an Lehrkräften für coronabedingte Ausfälle. Zudem sorgt sie sich darum, dass ihre Schülerinnen und Schüler im Winter in kalten Klassenzimmern sitzen könnten.

"Dann gibt es Kältefrei statt Hitzefrei."

GEW-Landeschefin Stein hatte zuvor kritisiert, dass es die Politik seit zwei Jahren versäume, die Schulen coronasicher zu machen. "Wir bräuchten Luftreinigungssysteme in allen Klassenzimmern und Räumen, wo sich Menschengruppen aufhalten", sagte Stein dem SWR. "Und wir wissen: Es kommt ein Winter, in dem wir vermutlich unter Energiemangel leiden werden." Dafür müssten die Schulen abgesichert werden.

Luftfilter und Gebäudesanierungen kosten viel Geld

Immerhin: Mobile Luftreiniger für jedes Klassenzimmer hat die Paula Fürst Schule in Freiburg bereits angeschafft. Demnächst soll eine große Lüftungsanlage installiert werden, die dann die gesamte Schule durchzieht - sofern Lieferengpässe nicht dazwischenfunken. Das alles kostet jedoch. Ein mobiler Luftreiniger liege bei zweieinhalb Tausend Euro, sagte Schulleiter Gerd Pollok. Fördergelder gebe es oft erst, wenn die Maßnahmen abgeschlossen seien - vorher gingen die Schulen in Vorleistung.

Und mit der Lüftung ist es nicht getan. Damit die Technik auch Wirkung entfalten kann, werden in den kommenden Wochen 20 alte Fenster in der Paula Fürst Schule ausgetauscht, damit die Wärme nicht verloren geht. "Wir heizen hier mit Gas und schauen mit großer Sorge auf das Thema Energiesicherheit", sagte Pollok. Er setzt darauf, dass Schulen priorisiert werden, sollte das Gas knapp werden.

Gerd Pollok, Schulleiter der Paula Fürst Schule Freiburg, steht vor einem Schulgebäude.
Gerd Pollok, Schulleiter der Paula Fürst Schule Freiburg, wünscht sich von der Politik mehr Planbarkeit bei den Maßnahmen gegen das Coronavirus.

Schülerin Friederike: "Hauptsache kein Lockdown"

Lehrermangel, Corona, Energiekrise - Gründe genug, um mit Sorgenfalten in die Ferien zu starten. "Wir sind sehr angespannt", sagte Carmela Sautermeister, Elternvertreterin für den Bereich Grundschule der Paula Fürst Schule, die mehrere Schularten vereint. "Vieles ist noch unklar mit Blick auf Herbst und Winter, und die Maßnahmen tragen unsere Kinder." Pollok fordert klare Informationen zur Umsetzung und mehr Planbarkeit von der Politik.

Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hatte zuletzt versichert, Schulschließungen wie im Corona-Lockdown künftig auf jeden Fall vermeiden zu wollen. Sie habe sich kurz vor Ende des Schuljahrs nochmal mit Lehrkräften, Ärztinnen und Ärzten und dem Landesgesundheitsamt ausgetauscht. "Bei den Beratungen waren sich alle Beteiligten einig: Schulschließungen haben gravierende Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen, deswegen dürfen diese nicht mehr vorkommen", hatte Schopper am Montag mitgeteilt. "Wenn sich keine gravierenden Änderungen mehr ergeben, gilt als generelle Leitlinie, dass das neue Schuljahr so beginnen wird, wie das alte Schuljahr zu Ende geht."

Die Schülerinnen Tabea und Friederike sitzen an einem Schreibtisch in einem Klassenzimmer.
Tabea (17, links) und Friederike (16) sind Schülerinnen an der Paula Fürst Schule in Freiburg - im Hintergrund steht der mobile Luftfilter.

Schülerin Friederike: "Hauptsache kein Lockdown"

Und was sagen die Schülerinnen und Schüler? Friederike - 16 Jahre alt, 11. Klasse - macht alles mit, solange sie nicht wieder zuhause lernen muss. "Auf keinen Fall wieder Lockdown", sagte sie. Dafür trägt sie gerne Maske und testet sich auf das Coronavirus. Ihre Mitschülerin Tabea, 17 Jahre alt, sieht es positiv: "Immerhin diskutieren wir jetzt darüber und nicht wieder erst im Herbst."

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