MeinungFemizid

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Autor/in
Zeiler, Paula

Irgendwie liest man immer weniger Schlagzeilen wie „Frau offenbar Opfer von Beziehungstat“ oder „Familiendrama im Schwarzwald“. Nicht weil die Fälle weniger sind, Fälle bei denen Männer ihre Ex-Partnerin stalken und ermorden, Fälle bei denen Partner versuchen die Mutter ihrer Kinder zu töten. Nein, vielmehr scheinen die meisten Journalistinnen und Journalisten langsam zu merken, dass Mord eben kein Familiendrama ist. Eine Seifenoper ist Drama. Wenn sich aber ein Mann auf seine Frau setzt, mit Fäusten auf sie einschlägt und versucht sie zu ersticken. Ja so etwas ist ein Mordversuch. Und wenn die Frau dabei stirbt, ist es ein Femizid. Der Begriff bezeichnet die Gewalt als das was es ist, die Tötung einer Frau oder eines Mädchens durch einen Mann – das ist häufig auch ihr Ex-Partner oder aktueller Lebensgefährte.
Femizide sind ein strukturelles Problem in Deutschland. Denn fast jeden dritten Tag versucht hier ein Mann eine Frau aus seinem näheren Umfeld zu töten – meistens seine Partnerin oder Ex-Partnerin. Auch bei uns in der Region. Allein dieses Jahr starben in Südbaden schon vier Frauen.
Über einen Femizid und einen versuchten Femizid wird gerade vor einem Gericht in Freiburg verhandelt. Ein Mann attackiert mitten auf der Straße seine Ex-Freundin, ihre Mutter stellt sich schützend vor sie. Die Mutter stirbt, die Tochter überlebt. Gegen den mutmaßlichen Täter gab es ein gerichtliches Annäherungsverbot, trotzdem ist die Tat passiert. Noch gibt es kein Urteil, wegen eines Femizides wird der Mann aber sicherlich nicht verurteilt. Denn Femizide sind kein eigener Straftatbestand. Und so bekommen Täter in Deutschland oftmals nicht lebenslänglich. Sondern werden „nur“ wegen Totschlags verurteilt.

Ein Beispiel: In Hamburg bekam diese Woche ein Mann, der seine Ex-Partnerin mit einem Messer getötet hat, 12 Jahre Gefängnis. Sie hatte zu dem Zeitpunkt wieder einen neuen Freund. Die Begründung der Richterin: Er habe aber nicht aus niedrigen Beweggründen gehandelt, sondern sei eifersüchtig und verzweifelt gewesen. Das macht mich fassungslos.
Verzweifeln lässt mich lässt auch die Gesamtsituation - Präventionsprogramme fehlen, in der Justiz sind Weiterbildungen für Richter zu geschlechtsspezifischer Gewalt keine Pflicht und von einem festen Bestandteil im Schulunterricht kann man nur träumen. Anders ist das in Spanien. Und in Belgien wurde erst vor kurzem ein Gesetz gegen Femizide beschlossen. Und bei unseren französischen Nachbarn sinkt die Zahl der Femizide übrigens seit drei Jahren, denn da hat die Regierung zusammen mit Frauenrechtsorganisationen Maßnahmen beschlossen. Im Südwesten Europas tut sich etwas – tatsächlich bewegt durch den gesellschaftlichen Druck.
Obwohl bei uns die Gesetze noch fehlen, einen kleinen Schritt hätten wir schon getan, wenn alle – nicht nur wir Frauen – die Gewalt als das benennen, was es ist: ein Femizid.

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Zeiler, Paula

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