Unter dem Motto " Waffen nieder! Kriege beenden! Den Frieden gewinnen!" wird es auch in Südbaden wieder zu Ostermärschen aufgerufen. Der erste fand bereits am Gründonnerstag um 17 Uhr in Freiburg statt, organisiert vom Freiburger Friedensforum sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Gewerkschaft ver.di. Einer der Redner auf dem Platz der Alten Synagoge war auch der Freiburger Friedensaktivist Jürgen Grässlin. Mit dem Vorsitzenden der Deutschen Friedensgesellschaft hat sich SWR-Moderatorin Suse Kessel vor der Veranstaltung unterhalten.
SWR: Herr Grässlin, was können die Ostermärsche heute noch bewirken? Wo liegt der Schwerpunkt?
Jürgen Grässlin: Bewirken können sie eine ganze Menge, weil wir in mehr als 150 Orten der Republik Menschen gegen den Krieg in der Ukraine auf die Straße bringen. Wir sehen eine klare Verantwortung bei den russischen Streitkräften und auch bei der Nato, die davor durch die Osterweiterung provoziert hat. Aber es toben 25 weitere Kriege, die leider völlig aus den Medien verschwunden sind. Um die müssen wir uns auch kümmern. Auch schauen, dass dort Friedensverhandlungen zustande kommen. Wir sprechen über Atomwaffen in diesen Tagen und fordern natürlich, dass die Atomwaffen verschrottet werden. Denn wir haben eine unglaublich große Gefahr. Als ich in den 80er Jahren, 70er Jahren Soldat der Bundeswehr war, war die atomare Bedrohung auch da. Aber sie war längst nicht so groß wie heute. Wir haben jetzt im Ukraine-Krieg die größte Bedrohung aller Zeiten durch Atomwaffen. Und wir sprechen über Rüstungsexporte, weil die Bundesregierung wieder Waffen nach Saudi-Arabien über Großbritannien exportieren lässt. Sie merken, wir haben eine Menge Themen.
Sie selbst sind seit den 1980er-Jahren in der Friedensbewegung aktiv, haben gerade ein neues Buch geschrieben. Es heißt "Einschüchtern zwecklos - Unermüdlich gegen Krieg und Gewalt – was ein Einzelner bewegen kann" und erscheint Mitte Juni. Wie hat sich denn die Friedensbewegung verändert?
Wir haben uns sicher qualitativ wesentlich besser aufgestellt als früher. Es gibt Expertinnen und Experten zu allen Bereichen. Umgekehrt sind wir nicht mehr die Massenbewegung der 80er Jahre, als wir mit 500.000 Leuten im Berliner Hofgarten demonstriert haben. Aber ich betone, dass jetzt an weit über hundert Orten Aktionen stattfinden. Das schafft nur die Friedensbewegung in Kooperation mit den Gewerkschaften und den Kirchen.
Die Ostermärsche gibt es seit den 1960er Jahren. Jetzt gibt es aber eben auch seit Corona diverse andere sogenannte Friedensaktivitäten, hinter denen eine ganz andere Ideologie steckt, nämlich die von rechtsextremen Gruppierungen und Querdenkern. Mit denen müssen sie vermutlich auch bei den Ostermärschen rechnen. Wie gehen Sie damit um?
Wir haben mit all diesen Organisationen oder Personen nichts am Hut und nichts zu tun. Wenn sie bei uns mitlaufen sollten, werden wir keine Prüfung der Personen vornehmen. Aber wir haben jetzt beispielsweise beim Freiburger Ostermarsch sehr klar gesagt, wir wünschen keine nationalistischen, militaristischen Losungen. Wir wünschen keine entsprechenden Fahnen, keine entsprechenden Symbole, keine rechten Kreise. Wir sind eine Ostermarsch-Veranstaltung wie viele andere auch, die klar sagen, mit Querdenkern und Rechten haben wir nichts zu tun.
Herzlichen Dank! Jürgen Grässlin, Friedensaktivist und Vorsitzender der Deutschen Friedensgesellschaft.