Bürgerinnen und Bürger stehen Schlange vor dem Bürgerbüro in Stuttgart-Ost

Lange Wartezeiten und Personalnot

Schlangen vor Stuttgarter Bürgerbüros: Stadt setzt Taskforce ein

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Unzufriedene Kunden, überlastete Mitarbeiter, offene Stellen: Der Situation in ihren Behörden will die Landeshauptstadt Stuttgart jetzt mit einer Taskforce gegensteuern.

Wer derzeit in Stuttgart auf eine Behörde angewiesen ist, der braucht vor allem eins: Geduld. Das Problem ist nicht neu, aber es ist immer noch nicht behoben. Vor den Bürgerbüros der Stadt, den Kfz-Zulassungstellen und den Ausländerbehörden in Stuttgart stehen die Menschen in langen Schlangen an. Manche berichten von bis zu fünf Stunden Wartezeit für eine Ummeldung oder das Beantragen eines Personalausweises. Dazu kommt dann noch die Wartezeit, bis das gewünschte Dokument ausgestellt ist.

Flüchtlinge warten auf die "Fiktionsbescheinigung"

Viele Geflüchtete aus der Ukraine warten beispielsweise seit Monaten auf ihre "Fiktionsbescheinigung", die vorübergehende Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung. Nur wenn die vorliegt, können sie mit Integrationsmaßnahmen wie Sprachkursen beginnen oder eine Arbeit suchen.

Lange Schlange vor dem Bürgerbüro Stuttgart
Lange Schlangen vor dem Bürgerbüro in der Stuttgarter Innenstadt sind keine Seltenheit mehr.

Viele unbesetzte Stellen in den Ämtern

"Es ist so belastend für die Mitarbeiter, dass sie nur noch flüchten und woanders hingehen", erklärt die Personalratsvorsitzende der Ordnungsbehörde Stuttgart, Katja Markstahler, dem SWR. Stillstand in den Bürgerämtern - woran liegt das? "Wir haben zu wenig Personal", sagt auch Dorothea Koller, die Leiterin des Amts für öffentliche Ordnung in Stuttgart. "Aktuell sind von 164 Stellen rund 44 nicht besetzt." Im Mai seien es noch mehr als 50 gewesen.

Bereits im Juni hat Dorothea Koller vom Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Stuttgart im Regionalmagazin von SWR4 Stuttgart über die Personalprobleme berichtet:

Leiterin des Ordnungsamts: "Wir haben verschiedene Probleme"

Koller verweist aber auch darauf, dass mehrere Umstände zu der aktuellen Situation geführt hätten. "Wir haben eine schlechte Ausgangslage mit nicht besetzten Stellen. Wir haben jetzt aber auch saisonal bedingt in bestimmten Bereichen einen sehr hohen Andrang."

Ein Grund sei zum Beispiel, dass man inzwischen auch ohne Terminvereinbarung beim Ausländeramt seinen Pass verlängern kann. Das habe zu einem großen Andrang geführt, so Koller weiter. "Das wollten dann viele noch schnell erledigen, bevor sie in den Urlaub fahren."

Lange Schlangen vor dem Bürgeramt

Außerdem würden insgesamt nicht mehr so viele Wartende in die Behörden gelassen, wie es noch vor der Corona-Pandemie der Fall gewesen sei. Auch dadurch entstünden schnell längere Schlangen vor dem Bürgeramt. "Das ist natürlich nicht zufriedenstellend."

Dorothea Koller, Leiterin des Amts für öffentliche Ordnung in Stuttgart
Dorothea Koller, Leiterin des Amts für öffentliche Ordnung in Stuttgart, sieht die öffentliche Verwaltung in einem schlechten Zustand.

Behörden müssen personell besser aufgestellt sein

Dorothea Koller will aber nicht davon sprechen, dass die Behörden überfordert sind, sondern dass man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einer Überforderung schütze: "Unsere Aufgabe ist es auch, dafür zu sorgen, dass unsere Mitarbeiter nicht überlastet und krank werden." Man müsse zum Beispiel aufpassen, dass sich die Überstunden bei den Mitarbeitenden in Grenzen hielten.

Im Stich gelassen von höherer Stelle fühlt sich die Leiterin vom Ordnungsamt nicht. Aber sie sagt ganz klar: "Wir müssen in Zukunft personell wieder besser ausgestattet sein. Die Probleme haben sich in den letzten Jahren sehr verschärft."

Stadt Stuttgart setzt "Taskforce Bürgerbüros" ein

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hat das Problem nun zur Chefsache erklärt. Er möchte mithilfe einer Taskforce das Problem von langen Wartezeiten in den Bürgerbüros und Ämtern lösen. Am Donnerstag soll die Taskforce zum ersten Mal zusammenkommen. Ziel sei es, effektivere Abläufe in den städtischen Bürgerbüros und einen besseren Service für die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, so Nopper.

Oberbürgermeister Frank Nopper
Oberbürgermeister Frank Nopper (Archivbild)

Taskforce berät sich alle zwei Wochen

Die Taskforce setzt sich aus Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern unterschiedlicher Verwaltungsbereiche zusammen. Mit dabei sind unter anderem der Ordnungs- wie der Finanzbürgermeister, aber auch eine Mitarbeiterin aus einem Bürgerbüro. "Wir brauchen konkrete Vorschläge, die Vorschläge müssen aus den verschiedensten Bereichen sein - zum Beispiel beim Thema Personalrekrutierung", erklärte Frank Nopper dem SWR. Die Taskforce soll sich alle zwei Wochen über Lösungsansätze beraten.

"Alles, was kurzfristig optimierbar ist, wird umgehend umgesetzt."

Fachkräftemangel, Nachholbedarf, Corona

Doch kann eine Person, die seit Stunden beim Amt in der Warteschlange steht, verstehen, dass die Taskforce jetzt die Lösung ist? "Man muss den Leuten erklären: Es ist nicht ganz so einfach. Wir haben eine Gemengelage aus Fachkräftemangel, einem enormen Nachholbedarf in Sachen Reisen und aufgrund von Corona", so Nopper. Viele würden erst jetzt ihre Personalausweise verlängern. "Wir haben dazu noch gerade im Ausländeramt sehr viele Geflüchtete aus der Ukraine, die da vorsprechen. Das alles kommt da zusammen und das führt zu dem Problem." Die neue "Taskforce Bürgerbüros" soll den Gemeinderat und seine Ausschüsse regelmäßig über die Fortschritte und Ergebnisse informieren.

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