Gefühlte Temperaturen von über 40 Grad, zu wenig Schatten und kaum Abkühlung in den Nächten. Die Karte, die die Ludwigsburger Bürgermeisterin Andrea Schwarz in den Händen hält, beschreibt keine ferne Zukunft, sondern ein Szenario im Jahr 2035. Das ist in 14 Jahren.
Hochleistungscomputer mussten drei Wochen lang rechnen
Die Klimaanalysekarten hat die Firma Geo-Net in Hannover erstellt. Hochleistungsrechner mussten dafür wochenlang arbeiten: Drei Wochen um die Grundkarte zu erstellen. Für jede weitere Modellierung nochmals drei Wochen, erklärt Janko Löbig. Herausgekommen sind detaillierte Karten mit einer Auflösung von fünf auf fünf Metern.
Wenn es nachts zu heiß zum Schlafen ist
Die Karten können nicht vorhersagen, wann wo welches Wetter sein wird. Aber sie zeigen ein Zukunftsszenario, wo mit was zu rechnen ist. Dabei zeigt sich, dass neben dem Marktplatz auch in Wohngebieten mit hohen Temperaturen zu rechnen ist. Das kann insbesondere in der Nacht problematisch werden, wenn die Hitze anhält und an erholsamen Schlaf kaum zu denken ist.
"Grüne und blaue Infrastruktur müssen stimmen"
Jörn Birkmann ist Professor an der Universität Stuttgart und Experte für Klimaanpassung. Er leitet das Forschungsprojekt Zures II, das am Beispiel der Modellstadt Ludwigsburg zeigen soll, mit welchen Maßnahmen Städte weniger anfällig für Folgen des Klimawandels gemacht werden können.
Das Projekt läuft noch bis Frühjahr 2022. Schon jetzt steht für den Klimaanpassungsexperten fest, dass punktuelle Maßnahmen - wie eine Klimaanlage hier oder ein kühler Raum dort - keine wirklichen Lösungen sind.
Wichtig sei, dass die "grüne wie blaue Infrastruktur" stimme. Das fange bei der "grünen Infrastruktur" wie dem Schaffen und Freihalten von Kaltluftschneisen, dem Begrünen von Dächern und Fassaden und dem Schutz der Park- und Waldflächen an und gehe weiter über die "blaue Infrastruktur", also den Bau von Trinkbrunnen und Sprudlern in der Innenstadt bis hinzu Regenrückhaltebecken. Die detaillierten Klimaanalysekarten sollen jetzt dabei helfen, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, so der Stuttgarter Professor.
Ludwigsburg hat seit 2016 ein Klimaanpassungskonzept
Die Stadt Ludwigsburg setzt schon länger auf Klimaschutz - unter anderem mit einer Fotovoltaik-Pflicht für Neubauten. Aber auch die Klimaanpassung spielt eine immer größere Rolle. Seit 2016 hat die Stadt ein Klimaanpassungskonzept. Auf Basis der detaillierten Klimaanalysekarten und mit Unterstützung der Universität Stuttgart soll die Stadt weiter umgebaut und somit fit für den Klimawandel gemacht werden. Dabei will die Stadtverwaltung die Bürgerinnen und Bürger einbinden. Denn so ein Umbau der Stadt wird nicht ohne Widerstände und nur mit einem enormen finanziellen Aufwand möglich sein, wissen die Beteiligten des Forschungsprojekts.
Hitze in Ludwigsburg: Schon heute ein Thema?
Die Stadt Ludwigsburg hat eine Online-Befragung zum Thema Hitze gestartet. Dabei können Interessierte heiße und kühle Orte in der Stadt nennen.