Der Fall einer 1995 in Sindelfingen (Kreis Böblingen) getöteten Frau muss noch einmal aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Mordurteil von 2021 gegen einen Verdächtigen aufgehoben. Der Angeklagte hatte Revision gegen das Urteil eingelegt und die Karlsruher Richter gaben seinem Antrag nun statt.
Mordmerkmal Heimtücke nicht bewiesen
Es sei nicht richtig bewiesen worden, dass es sich um einen Mord gehandelt habe, urteilte der BGH. Denn dass der Verurteilte 1995 angeblich heimtückisch gehandelt habe, sei nicht ausreichend belegt worden. Er soll die damals 35-Jährige in Sindelfingen auf offener Straße überfallen und erstochen haben.
BGH hat Fragen zur Vorgeschichte
Der BGH kam zu dem Ergebnis, es sei völlig offen, ob es vor den ersten Stichen ein Gespräch oder einen Streit gegeben habe und ob die Frau hätte fliehen oder um Hilfe rufen können. Die Überzeugung des Landgerichts von seiner Täterschaft sei jedoch nicht zu beanstanden.
Fall war jahrelang ein "Cold Case"
Der Mann war erst nach Jahrzehnten überführt worden, als ihm DNA-Spuren unter den Fingernägeln des Opfers zugeordnet werden konnten. Zu Beginn des Prozesses 2020 war er laut Gericht 70 Jahre alt.
Bei Totschlag könnte er freikommen
Jetzt muss der Fall vor einer anderen Strafkammer des Stuttgart Landgerichts komplett neu verhandelt werden - inklusive Zeugenbefragung und Beweisaufnahme. Sollte diese Kammer nicht genügend Beweise für Mord finden, stehen die Chancen des Angeklagten auf eine Freilassung gut, da Totschlag im Gegensatz zu Mord verjährt.