Immer wieder sind in den vergangenen zwei Jahren Schüsse im Großraum Stuttgart gefallen. Nun hat sich die Lage offenbar beruhigt. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart. Hoher Fahndungsdruck der Polizei, Festnahmen führender Köpfe und hohe Haftstrafen führt LKA-Präsident Andreas Stenger im Gespräch mit dem SWR als Gründe für die Entwicklung an: "Die Summe dieser Maßnahmen führt dazu, dass es einfach ruhiger geworden ist."
Strobl: An Schuss-Serie beteiligte Gruppen stark geschwächt
Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) hatte kürzlich vor dem Innenausschuss des Landtags die Lage ähnlich eingeschätzt. Zumindest eine der an dem Konflikt beteiligten multi-ethnischen Gruppen sei mittlerweile personell stark geschwächt. Ein erneutes Erstarken wolle man nun verhindern, beispielsweise durch Prävention. "So sollen junge Menschen, die gefährdet sind, nicht in diese subkulturelle Gewaltkriminalität abrutschen", sagte Strobl dem SWR. Man wolle also dafür sorgen, dass die Gruppen keinen Nachwuchs mehr finden.
Massive Kritik an Ermittlungsarbeit Nach Schüssen in Stuttgart: Verteidigung fordert Einstellung des Prozesses
Bei Schüssen in Stuttgart-Zuffenhausen ist im März 2023 ein Mann schwer verletzt worden. Er ist seitdem querschnittsgelähmt. Nun stehen mehrere mutmaßliche Täter vor Gericht.
Aktuell sind die Ermittler und die Justiz noch stark beschäftigt mit der Aufarbeitung der Schuss-Serie. Diesen Montag etwa ging es bei einem Prozess im Zusammenhang mit den Gewalttaten weiter: Vor dem Landgericht Stuttgart stehen derzeit drei junge Männer, die auf einen 34-Jährigen in Stuttgart-Zuffenhausen geschossen haben sollen. Das Opfer ist heute querschnittgelähmt. Weiter unklar bleibt dabei, ob der Prozess fortgesetzt werden kann. Denn laut Verteidigung sollen die Angeklagten in der Untersuchungshaft zu umfangreich abgehört worden seien. Erst kommenden Montag soll über einen entsprechenden Antrag der Verteidiger entschieden werden.
Gewalttaten: Aufklärung bindet viel Personal von Polizei und Justiz
Auch diesen Vorwurf zu klären, kostet wieder Zeit und bindet Personal. "So ein Strafverfahren, das ist jetzt nicht wie in einer TV-Show in einer Stunde erledigt", sagt der Sprecher des Landgerichts Stuttgart Timur Lutfullin. Allein für das aktuelle Verfahren zu dem Vorfall in Zuffenhausen seien 17 Verhandlungstage angesetzt. "So eine Aufklärung, die dauert einfach", sagt Lutfullin. Im Zusammenhang mit dem Handgranatenwurf auf dem Friedhof in Altbach (Kreis Esslingen) gab es am Landgericht vier verschiedene Verfahren.
Insgesamt haben Polizei, LKA und Justiz mit Blick auf die Schuss-Serie schon einiges erreicht: 86 Personen wurden mittlerweile festgenommen, das Landgericht Stuttgart hat Haftstrafen von insgesamt 126 Jahren verhängt. Rund ein Dutzend Verfahren zur Schuss-Serie laufen noch. Was die Ermittlungen bei der Schuss-Serie so schwierig macht: sowohl die potentiellen Täter als auch die Opfer schweigen meistens - gegenüber der Polizei, aber auch vor Gericht.
Beteiligte schweigen meist: LKA setzt auf Kriminaltechnik
Deshalb setzt das LKA auch auf kriminaltechnische Mittel, um die zahlreichen Vorfälle der vergangenen zwei Jahre aufzuarbeiten. "Das ist im Grunde kriminalistisch-forensische Detailarbeit", erklärt LKA-Chef Stenger. "Und wir nutzen da den gesamten Werkzeugkasten, den wir zur Verfügung haben." Das Ziel: objektive Beweise, wenn alle Betroffenen und Beteiligten sich in Schweigen hüllen oder sich nicht erinnern können oder wollen. Hinzu kommen intensive Überwachungs- und Abhörmaßnahmen von Verdächtigen - auch in der Haft. "Wir sind sehr wachsam und ermitteln mit hoher Intensität weiter", versichert Stenger.