An Streiktagen startet der Unterricht am katholischen Mädchengymnasium St. Agnes in Stuttgart eine halbe Stunde später. Statt um 8 Uhr geht es erst um 8:30 Uhr los. Die Umstellung kommt vor allem den Schülerinnen und Lehrenden entgegen, die von auswärts kommen und für die Anfahrt zur Schule auf die Bahn angewiesen sind.
Schulstunden wegen Bahnstreik verkürzt
Der Beginn ist später, doch die Schülerinnen sollen nicht später nach Hause kommen. Deswegen werden die Unterrichtsstunden um jeweils fünf Minuten verkürzt. Eine Ausnahme gilt bei Prüfungen. Da bekommen die Schülerinnen die volle Unterrichtszeit, damit die Bedingungen für alle gleich sind. Gekürzt wir dann in der nächsten Stunde. "Uns geht es dabei vor allem auch um den Heimweg bei Dunkelheit", sagt Schulleiterin Sabine Wimmer. Man wolle, dass die Schülerinnen idealerweise noch vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause ankommen können.
Schulweg von ein bis zwei Stunden wird noch länger
Die Maßnahmen hat das Gymnasium in Abstimmung mit dem Elternbeirat während der großen Streikwelle der Gewerkschaft Deutscher Lockführer (GDL) im letzten Jahr eingeführt. Da viele Schülerinnen und auch Lehrkräfte zum Mädchengymnasium von auswärts kommen und sowieso schon einen längeren Schulweg auf sich nehmen müssen, wollte man sie entlasten, so die Schulleiterin. "Viele wohnen außerhalb und haben eh schon Schulwege von ein bis zwei Stunden. Wenn gestreikt wird, müssten sie noch früher aufstehen und hätten mehr Stress."
Lehrer übernachten zum Teil in der Schule
Auch für Bianca Held ist das eine Entlastung. Die Lehrerin kommt täglich mit Bus und Bahn zur Arbeit. "Durch den Streik muss ich mehrmals umsteigen und bin froh über den Zeitpuffer am Morgen." Das Verständnis für die häufigen Streiks fehle vielen Lehrkräften aber mittlerweile. Einige von ihnen müssten die Nacht vor den Streiks in der Schule oder bei Bekannten verbringen, sagt Bianca Held.
Schule braucht Vorlauf bei Streiks
Inhaltlich würde der Schulstoff durch den verkürzten Unterricht nicht eingeschränkt werden, sagt die Schulleiterin. Mit diesen Maßnahmen hat sich das Mädchengymnasium an den Streikalltag bereits angepasst. Eine Dauerlösung sollte es aber nicht sein. Um solche Schultage zu organisieren, brauche es viel Organisationsaufwand - und vor allem Vorlauf.
Sollte die GDL ihre Ankündigung wahrmachen und auf sogenannte Wellenstreiks setzen, also ihre Streiks künftig nicht mehr mindestens 48 Stunden im Voraus ankündigen, dann kommt auch das Stuttgarter Mädchengymnasium an seine Grenzen. "Dann hätten wir keine Zeit mehr, rechtzeitig zu reagieren und die Schülerinnen und ihre Eltern im Voraus zu informieren", so Sabine Wimmer.