Seit 2020 ist das Anlegen von Schottergärten in Baden-Württemberg verboten. Wie aber umgehen mit bereits bestehenden Flächen? Den Rückbau anordnen? Mit Sanktionen drohen? In Holzgerlingen (Kreis Böblingen) probiert man es nun mit einem ebenso cleveren wie witzigen Ansatz: Ein Schottergarten-Wettbewerb wurde ausgelobt. Wer den hässlichsten Vorgarten einreicht, bekommt eine kostenlose Umgestaltung von der Stadt.
Schandfleck und tristes Grauen: die hässlichen Gewinnergärten
Fünf Bewerber haben mitgemacht und Fotos ihrer Schottergärten eingereicht. Vier von ihnen bekamen den Preis für den hässlichsten Schottergarten der Stadt. Unter ihnen Anita Günther und der 38-jährige Jamie Penno. Beide ärgern sich seit Jahren über die Schandflecken vor ihrer Haustür.
Anita Günther hatte sich die Schotterfläche beim Einzug aufschwatzen lassen, erzählt sie. Und die habe anfangs auch noch schick ausgesehen. Doch nach kurzer Zeit wurde sie zum Grauen für Besitzerin wie Nachbarn. Unkraut habe sich breitgemacht, herabgefallene Blätter seien kaum zu entfernen gewesen. Der als pflegeleicht verkaufte Schottergarten wurde zum Dauerproblem.
Bei Jamie Penno war die Schotterfläche vor dem Haus schon da, als er 2019 mit seiner Familie einzog. Im Sommer hätten alle unter der Hitze gelitten, weil der Schottergarten die Sonneneinstrahlung direkt zurückgab und dabei noch verstärkte, erzählt er. Wie bei Anita Günther fehlte aber immer die Zeit oder das Geld, um das Projekt Umgestaltung anzugehen. Der Wettbewerb: die Rettung.
Schottergarten-Wettbewerb: Anreize statt Verbote
Ein geschickter Schachzug der Stadt, denn mit Verboten und Rückbauverordnungen sei das Problem nicht in den Griff zu bekommen, meint Bürgermeister Ioannis Delakos (parteilos). "Überzeugen kann man die Menschen nur, wenn man gute Beispiele liefert, die zur Nachahmung animieren", sagt er.
Lange habe man überlegt, so Delakos, ob ein Fördertopf aufgesetzt werden soll. Dann lieferte das Beispiel Emden in Niedersachsen die Idee zu einem Garten-Wettbewerb. Die Reaktionen der Holzgerlinger – gemischt, meint Delakos. Einige belächeln die Aktion, manch einer ärgerte sich, dass schlechte Beispiele noch belohnt werden. Viele freuen sich aber auch über den kreativen Ansatz.
Kostenloses Make-Over: Von der Schotterwüste zum Naturgarten
Die Stadt stellte 10.000 Euro zur Verfügung. Aus diesem Topf durfte Landschaftsgärtner Fabian Hohenschläger schöpfen, um die vier Schotterwüsten in Naturgärten zu verwandeln. Zunächst trug er tonnenweise Schotter ab, sodass die plattgedrückte Erde aufatmen konnte. Obendrauf kam dann ein lockeres Sand-Kies-Gemisch. Das diene als Verdunstungsschutz, würde Unkraut fernhalten und biete anspruchslosen Stauden genug Nährstoffe, erklärt Hohenschläger. Er wählte heimische Arten, die ganzjährig blühen. Darum herum hat er Natursteine als Trittflächen zum Gießen gruppiert und Totholz, als Lebensraum für Insekten.
Das Resultat: ein pflegeleichter, anspruchsloser Garten, der dennoch einen Beitrag zu Klima und Artenschutz leistet. Anita Günther ist glücklich über den neuen Blickfang. Der wird nicht nur sie erfreuen, sondern auch die Nachbarn, glaubt sie. Auch Jamie Penno freut sich riesig über das Ergebnis. Die ersten Bienchen summen schon, in ein paar Jahren, wenn die Fläche zugewachsen sein wird, hat er ein Insektenparadies vor der Haustür. Beide hoffen, dass die Idee Schule macht und Schotterwüsten bald überall der Vergangenheit angehören.