Mit einer Protestaktion hat der Naturschutzbund Baden-Württemberg (NABU) am Donnerstag auf die teilweise Rodung einer Streuobstwiese in Weil der Stadt (Kreis Böblingen) reagiert. Mitglieder des NABU stellten 30 schwarze Kreuze auf einigen Baumstümpfen auf. Der Bürgermeister spricht von künstlicher Empörung.
Naturschützer sind schockiert über das Vorgehen der Stadt
"Hier sind am Montag Tränen geflossen", erzählt Markus Pagel. Er ist der Bezirksgeschäftsführer des NABU Bezirk Gäu-Nordschwarzwald. Das Verhalten der Stadt bezeichnet er als "Foulspiel". Insgesamt waren am Montag 120 Bäume gefällt worden.
Auch Martin Bachhofer, Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), zeigte sich schockiert. Auf der Wiese hätten Tausende von Lebewesen ihre Heimat verloren. "Für die ist der Lebensraum zerstört", so Bachhofer.
Weil der Stadt: Fällaktion musste unterbrochen werden
Die Stadt hatte Freitag die Genehmigung für die Fällung der Bäume erhalten und am Montagmorgen gleich damit begonnen. Naturschützer hatten dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) eingereicht. Die Eilentscheidung aus Mannheim erreichte die Stadt nach eigenen Angaben erst, als die Rodung schon lief. Weil der Stadt will auf dieser Wiese für rund 1.000 Menschen neuen Wohnraum schaffen, mit Häusern, einer Kita, einem Laden und einem Hotel. Doch seit Jahren wird um dieses Land vor Gericht gestritten. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs stoppte die Rodung vorerst. Die endgültige Entscheidung steht noch aus.
Umweltministerin Walker irritiert Kampf um Streuobstwiese: Weil der Stadt hat Fakten geschaffen
Am Montag sind 120 Bäume auf einer großen Streuobstwiese gefällt worden. Naturschützer sind entsetzt, da die Stadt zwischen zwei Gerichtsentscheidungen gehandelt hat.
In einer gemeinsamen Mitteilung schreiben NABU und BUND: "Statt auf die Entscheidung der obersten Richter von Baden-Württemberg zu warten, [hat die Stadt] das kleine Zeitfenster von zwei Stunden am Montagmorgen ausgenutzt, um Fakten zu schaffen." Die Stadt soll ihnen zufolge gewusst haben, dass die Naturschützer eine Beschwerde beim VGH eingereicht haben.
Bürgermeister bezeichnet Protestaktion als "billige PR"
Christian Walter, der parteilose Bürgermeister von Weil der Stadt, hält derweil nichts von der Aktion der Naturschützer. "Die Naturschutzverbände sind sich offensichtlich für keine billige PR-Aktion zu schade", so Walter in einer Stellungnahme an den SWR. Er halte das Engagement für überzogen. Der Gemeinderat hätte bereits vor seiner Amtszeit gewollt, dass auf der Streuobstwiese gebaut werden kann.
Walter betont, dass die betroffene Wiese nicht die letzte Streuobstwiese in Weil der Stadt sei. Es gebe insgesamt etwa 168 Hektar Streuobstfläche. Die gerodeten Bäume auf der Wiese sollen in doppeltem Umfang nachgepflanzt werden. Außerdem werde der Wohnraum in der Stadt dringend benötigt.
Eine endgültige Entscheidung des VGH, wann und ob auf der Wiese weiter gefällt werden darf, steht aktuell aber noch aus. So lange werden die übrigen 22 Streuobstbäume stehen bleiben.