Mindestmengenregelung für Frühgeborene

RKH Klinikum Ludwigsburg sieht Station für Frühchen langfristig in Gefahr

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Thomas Fritzmann
Thomas Fritzmann
Barbara Siebert

Das Klinikum Ludwigsburg bietet in diesen Wochen ein Experiment: Eine Besucherführung für jeden, der mag, mitten durch die Frühchen-Intensivstation. Das hat einen bestimmten Grund.

Unter dem Motto "Kleine Wunder" bietet das Klinikum Ludwigsburg in diesen Wochen eine Besucherführung mitten durch die Frühchen-Intensivstation. Damit will der ärztliche Direktor Jochen Meyburg persönlich für die Qualität seiner Station und Mitarbeiter werben. Denn hier geht, wie auf vielen Frühchenstationen im Land, die Angst um. Grund ist die Krankenhausreform.

Wie lange bleibt die Station für Frühchen in Ludwigsburg noch geöffnet?

Die Krankenhausreform schreibt immer höhere Mindestpatientenzahlen vor, um durch die Routine der Behandlungen eine möglichst hohe Qualität zu garantieren. Die sogenannten Mindestmengenregelung vom Bundesausschuss für Gesundheit sieht für Frühchenstationen vor, dass dort jährlich mindestens 25 Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm versorgt werden müssen. Durch diese Mindestmengenregelung besteht für Frühchenstationen die Gefahr, die Zulassung zur Versorgung extrem Frühgeborener zu verlieren und mittelfristig vielleicht sogar schließen zu müssen.

Jochen Meyburg, der ärztliche Direktor der Frühchenstation im RKH Klinikum in Ludwigsburg, steht und spricht
Jochen Meyburg, der ärztliche Direktor der Frühchenstation im RKH Klinikum in Ludwigsburg

Der ärztliche Direktor der Frühchenstation im RKH Klinikum in Ludwigsburg ist deshalb sauer. "Wir machen hier seit 30 Jahren wirklich richtig gute Arbeit", sagte Jochen Meyburg im SWR-Interview. Trotzdem ist noch nicht klar, ob seine Station nicht mittelfristig schließen muss. "Die Vorgabe sind 25 extreme Frühchen, wir hatten vergangenes Jahr 29. Das ist kein großes Polster", erklärte Meyburg.

Auch Eltern von Früchchen sind in Sorge

Es geht um frischgebackene Familien wie die vom kleinen Brian, viel zu früh geboren, in der 23. Schwangerschaftswoche. Mit gut 600 Gramm sind sie nicht viel schwerer als ein großer Joghurtbecher. Für die Eltern ist eine solche Frühgeburt erstmal ein Schock. Umso wichtiger ist es für Melanie und Markus Ostermann, dass die Frühchenstation nicht weit von ihrem Zuhause entfernt ist. Immerhin besuchen sie ihr Baby bereits seit elf Wochen täglich auf der Station:

Wir beide besuchen den kleinen Mann täglich und da ist es schon super, wenn man nur zehn Minuten fahren muss und keine Stunde mit Stau auf der Autobahn zubringen muss.

Melanie und Markus Ostermann sitzen auf einem Krankenhausbett und kümmern sich um ihr Kind, ein Frühchen.
Melanie und Markus Ostermann sind froh, dass sie einen kurzen Fahrtweg haben, um ihr Kind, ein Frühchen, besuchen zu können.

Ludwigsburg: Die Frühchen können vorerst bleiben

Steht die Ludwigsburger Frühchenstation also vor dem Aus, wenn nicht jedes Jahr mindestens 25 Babys dort geboren werden? Voraussichtlich nicht - vorerst zumindest. Denn der rechtliche Rahmen lässt den Krankenkassen und Krankenhäusern einen Spielraum. Drei Kliniken hätten in diesem Jahr die Türen der Frühchenstationen schließen müssen: Schwäbisch Hall, Ravensburg und Reutlingen.

Alle drei haben jedoch im Gespräch mit den Krankenkassen eine Einigung gefunden, durch die sie weiterhin geöffnet bleiben dürfen. In Schwäbisch Hall und Ravensburg gilt das für jeweils zwölf Monate, in Reutlingen jedoch nur für sechs Monate. Die Station dort darf aber seit Ende Juni keine Frühchen unter 1.250 Gramm Geburtsgewicht ("Level-1"-Frühchen) mehr behandeln.

Prinzipiell können Frühchenstationen auch offen bleiben, selbst wenn sich Krankenkasse und Krankenhaus nicht einigen. Das geht durch eine Ausnahmegenehmigung vom Land. Bei Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) würden Kliniken damit offene Türen einrennen, denn er hat sich von Anfang an klar gegen die neue Regelung ausgesprochen.

Ein Frühchen liegt im RKH Klinikum Ludwigsburg in einem Brutkasten.
Ein Frühchen liegt im RKH Klinikum Ludwigsburg in einem Brutkasten.

Lucha gegen Mindestmengenregelung bei Frühgeborenen  

Dabei hält Lucha Mindestmengen eigentlich grundsätzlich für sinnvoll. "Ich möchte, dass jemand, der komplizierte Operationen macht, darin geübt ist. Das ist wie Leistungssport, das kann man nicht nur einmal im Jahr machen", erklärte er bereits vergangenes Jahr in einem SWR-Interview.

Bei Frühgeborenen sei die Situation aber anders, so Lucha. "Es ist dieselbe Arbeit, egal, ob ich sechs Kinder auf der Station liegen habe oder eins." Auch wenn die Level-1-Frühchenstation in Reutlingen bereits schließen musste, will Lucha sich weiter für die Frühchenversorgung in Baden-Württemberg einsetzen. Die Festlegung von Mindestmengen dürfe nicht dazu führen, dass die flächendeckende Versorgung im Land gefährdet wird. Sollte dies der Fall sein, werde er alle Möglichkeiten ergreifen, damit die Versorgung vor Ort auch in Zukunft sichergestellt ist. "Alle werdenden Eltern müssen die Sicherheit haben, dass sie und ihr Kind eine optimale und schnell erreichbare Versorgung erhalten", ergänzte der Gesundheitsminister.

Für Jochen Meyburg, den ärztlichen Direktor der Frühchenstation im RKH-Klinikum Ludwigsburg, ist die Unsicherheit über den Fortbestand seiner Frühchenstation weiterhin schwer zu ertragen, auch wenn er die aktuell geforderte Mindestzahl von 25 kleinen Patientinnen und Patienten noch erfüllt. Seine Forderung an die Politik bleibt: Die Versorgung von Frühgeborenen müsse grundsätzlich von der Mindestmengenregelung ausgenommen werden.

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