Eine Mutter misst Fieber

Krankheitswelle und Lieferprobleme

Fiebersaft für Kinder auch in der Region Stuttgart oft ausverkauft

Stand

Viele kranke Kinder sorgen für leere Fiebersaft-Bestände. Ein Apotheker will ihn daher nun selbst herstellen. Doch das scheitert noch an einem kleinen, aber wichtigen Detail.

Die Stuttgarter Apothekerin Martina Graeff kann im Moment vielen verzweifelten Eltern unter ihren Kundinnen und Kunden nicht weiterhelfen. Wenn sie ihre online-Bestellungen macht, sieht sie bei fiebersenkenden Säften seit einigen Wochen nur noch "rot", sagt sie, und das heißt: nicht lieferbar. Möglicherweise wird sich das bald ändern, haben Pharma-Referenten ihr gesagt, aber erst Ende August.

Ein Apothekensystem zeigt, dass Fiebersaft derzeit nicht lieferbar ist.
Das Apotheken-System zeigt, dass Fiebersaft derzeit nicht lieferbar ist.

Eltern suchen Fiebersaft  

Vor allem Medikamente mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Paracetamol in Saftform fehlen in den Apotheken. Diese werden vor allem von Kinderärzten gerne verschrieben, weil sie sich besonders für Kleinkinder als Medikament zur Einnahme eignen. Tabletten oder Zäpfchen stellen Eltern da vor wesentlich größere Schwierigkeiten, sagt Apothekerin Graeff.

Apothekerin Martina Graeff aus Stuttgart
Apothekerin Martina Graeff muss derzeit viele Eltern enttäuschen.

Mangel: "So geballt ist es ein neues Phänomen"

Der Apotheker Björn Schittenhelm aus Holzgerlingen (Landkreis Böblingen), der auch im Beirat des Landesapothekerverband Baden-Württemberg ist, verweist darauf, dass Medikamentenengpässe nichts Neues sind. „Seit zehn, zwanzig Jahren kämpfen wir immer wieder mal mit mehr oder weniger problematischen Dingen, aber so akut und geballt wie jetzt, dass die Dinge wirklich ausgehen, das ist auch ein neues Phänomen.“

Medikamentenknappheit Mangel an Fiebersäften und Fieberzäpfchen in Deutschland

Wenn Eltern von kleinen Kindern versuchen, Fiebersäfte und auch Fieberzäpfchen zu kaufen, stehen sie derzeit oft vor leeren Regalen in der Apotheke. Woran liegt das?

Apotheker tüftelt selbst

Apotheker Schittenhelm und sein Team sind schon seit Wochen dabei, selbst ein Medikament herzustellen. Es fehlt nur noch an einem: dem richtigen Geschmack, damit es die Kleinen auch gerne runterschlucken.

„Ich habe selber kleine Kinder und weiß, dass der Geschmack eben entscheidend ist."

"Deshalb experimentieren wir noch ein bisschen mit dem Geschmack herum, damit wir hoffentlich an die Originalrezeptur des Herstellers näher rankommen“, erklärt er. Diese Woche soll der hauseigene Fiebersaft fertig werden.

Apotheker Björn Schittenhelm aus Holzgerlingen (Landkreis Böblingen)
Apotheker Björn Schittenhelm aus Holzgerlingen (Landkreis Böblingen)

Darum sind Fiebersäfte knapp

Eines der Pharmaunternehmen, die Fiebersäfte herstellen, ist das Unternehmen Ratiopharm in Ulm. Auf SWR-Anfrage teilt es zu den Ursachen für den Mangel mit: „Die Lieferengpässe sind auf einen unerwarteten und stark erhöhten Bedarf im Markt aufgrund der Erkältungs- und Grippewelle zurückzuführen. Zudem verstärken Lieferverzögerungen unserer Wirkstoffhersteller die angespannte Lage."

Landesapothekerkammer BW appelliert: keine Hamsterkäufe

Sollte sich die Lage wieder entspannen und Fiebersäfte auf dem Markt sein, bittet die Landesapothekerkammer, Hamsterkäufe zu unterlassen. Auch Apothekerin Martina Graeff bittet dringend, Vorratseinkäufe zu unterlassen. „Es sollte derjenige bekommen, der es wirklich braucht.“

Mehr zum Thema Medikamente:

Kaiserslautern

Medikamentensucht im Westen der Pfalz Benzos – Warum immer mehr Jugendliche die gefährlichen Tabletten konsumieren

Sogenannte Downer-Drogen, darunter auch Benzodiazepine, sind gerade unter Jugendlichen in der Westpfalz angesagt. Ein Suchtberater nennt Gründe dafür.

Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Feature | Serie Auf der Suche nach Schorsch – Medikamentenversuche an Jugendlichen und ihre Folgen

Gebhard Stein berichtet, dass er als „Zivi“ 1972 drei Jugendlichen in der Behinderteneinrichtung der Diakonie Kork das Versuchsmedikament „Cyproteronacetat“ geben musste. Einem von ihnen wuchsen plötzlich Brüste. Er hieß Schorsch.

Stand
Autor/in
SWR