Das Landgericht Stuttgart hat am Dienstag zwei Brüder aus Aspach (Rems-Murr-Kreis) zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie haben Zertifikate und Sprachzeugnisse für Geflüchtete in Baden-Württemberg gefälscht. Was das Gerichtsurteil für Folgen für diese Menschen hat, ist noch unklar.
Professionell aufgezogenes System
Um einen deutschen Pass zu bekommen, müssen Ausländer einen Einbürgerungs- und Sprachtest vorlegen. Vor allem der Sprachtest gilt als schwierig, das Abschlusszeugnis ist überaus begehrt. Mit einem professionell aufgezogenen System haben zwei Brüder diese Dokumente des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gefälscht und verkauft. Dabei sollen sie insgesamt mehr als 300.000 Euro erbeutet haben.
335 Urkunden für deutschen Pass gefälscht
Unter anderem wegen Urkundenfälschung in 355 Fällen wurden ein 32-Jähriger und sein sechs Jahre älterer Bruder nun vom Stuttgarter Landgericht zu Haftstrafen von viereinhalb Jahren sowie vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Ein dritter Bruder sitzt wegen ähnlicher Vorwürfe noch in Untersuchungshaft.
Alles in Notizbüchern aufgelistet
Die Brüder boten nach Einschätzung Gerichts so ziemlich alles an, was ihre Kundinnen und Kunden beim Amt vorlegen mussten. Ziemlich gut gemachte Ware sei das gewesen, da waren sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Prozess einig. In Notizbüchern führten sie Namen und Adressen ihrer Kundschaft ebenso auf wie die Preise und eventuelle Schulden. Kontakt zu Kundinnen und Kunden nahmen die Brüder laut Staatsanwaltschaft unter anderem über das Social-Media-Netzwerk TikTok auf. Die Männer hatten umfangreiche Geständnisse abgelegt.
Vor Landgericht Stuttgart: Zwei Brüder sollen Sprachzertifikate gefälscht haben
Um einen deutschen Pass zu bekommen, müssen Ausländer einen Sprachnachweis
vorlegen. Ein fälschungssicheres System angeblich, aber Ausnahmen bestätigen manchmal die
Regel. Das zeigt auch ein Prozess.
Sprachschule in Ellwangen soll involviert gewesen sein
Die professionell gemachten Fälschungen hatten die Behörden unter anderem über QR-Codes auf manipulierte Datenspeicher mit falschen Testergebnissen geführt. Die Urkunden wurden den Kunden entweder in einem Lokal in Backnang überreicht, per Post versandt oder über eine mutmaßlich eingeweihte Sprachschule in Ellwangen (Ostalbkreis) übergeben. Gegen eine Verantwortliche der Sprachschule wird gesondert ermittelt. Die Fälschungen waren demnach bei zahlreichen Taten bei den Ämtern eingereicht worden, um sich einen Aufenthaltstitel zu verschaffen oder eingebürgert zu werden.
Folgen der Stuttgarter Gerichtsurteile unklar
Unklar ist, welche Folgen die Urteile auf die gefälschten Dokumente haben und ob etwa Einbürgerungen oder Aufenthaltstitel einkassiert werden können, sollten diese durch eine Fälschung erlangt worden sein. "Rechtlich wäre beides unter bestimmten Voraussetzungen möglich", hatte ein Sprecher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu Prozessbeginn gesagt. Die Stuttgarter Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Beide Männer können dagegen Einwände erheben.