Laut Statistik kommen in Deutschland bei 1.000 Geburten etwa zwei bis drei Kinder nicht lebend zur Welt. Eltern mit diesem Schicksal bleiben oft allein mit ihrer Trauer. So empfand es Katrin Lasinski aus Ingersheim (Landkreis Ludwigsburg), als sie etwa eineinhalb Monate vor der Geburt ihre Zwillinge verloren hat. Sie entschloss sich, darüber zu sprechen und anderen Sterneneltern zu helfen. Mit ihrer Initiative Wolkenband unterstützt sie Eltern von Kindern, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt gestorben sind. Sie will zeigen, wir sind da.
Selbstgenähte Geburtskissen als Seelentröster
Um mit ihrer Trauer besser klar zu kommen, begann sie damit, Geburtskissen zu nähen. Zuerst für sich, dann für andere Sterneneltern. Die Kissen verteilte sie kostenfrei an Kliniken - als Seelentröster für Eltern, die von ihrem Kind nichts mehr haben. Das Besondere an den Kissen ist, dass sie die Länge, den Kopfumfang und das Gewicht des jeweiligen Sternenbabys haben. Das sei vielen Eltern wichtig, um etwas Greifbares von ihrem Kind zu haben, sagt Katrin Lasinski. Der Tastsinn spiele dabei eine entscheidende Rolle.
Gefüllt sind die Kissen meist mit Rapssamen. Bei Bedarf kann man sie im Backofen oder in der Mikrowelle erwärmen. "Dann gibt das Kissen auch Wärme zurück. Ein Gefühl, das für Sterneneltern sehr wichtig ist", weiß Katrin Lasinksi aus eigener Erfahrung.
Kreativität hilft im Trauerprozess
Vor sieben Jahren sind ihre Zwillinge kurz vor Weihnachten in der 34. Schwangerschaftswoche im Bauch gestorben. Dass sie danach kein Andenken mehr an sie hatte, brachte Katrin Lasinski zum Nachdenken. Der kreative Prozess beim Nähen habe ihr bei ihrem Trauerprozess geholfen. Außerdem merkte sie, wie viele andere Sterneneltern sich in der Situation allein fühlen und wie wenig Hilfsangebote es in der Region Stuttgart für sie gibt.
Mit ihrer Idee hat sie einen Nerv getroffen. Über Social Media bekommt sie immer wieder neue Aufträge von betroffenen Eltern. Außerdem näht sie auch Briefumschläge aus Stoff für Krankenhäuser, um Informationsmaterial für Sterneneltern liebevoll zu verpacken. Beides stellt sie deutschlandweit kostenfrei zur Verfügung.
Initiative Wolkenband: Gesprächsgruppen in der Region Stuttgart
Katrin Lasinski gründete daraufhin ihre Initiative namens Wolkenband, zu der auch eine Gesprächsgruppe an ihrem damaligen Wohnort in Waiblingen im Rems-Murr-Kreis gehört. Inzwischen wird die Gesprächsgruppe auch als Kurs bei der Familienbildungsstätte Waiblingen anerkannt. Nach ihrem Umzug nach Ingersheim leitet sie auch dort und in Heilbronn eine Selbsthilfegruppe. Ihr Anliegen ist, Menschen zu verbinden und ihnen Hilfsangebote aufzuzeigen.
Erinnerungsbaum für Sternenkinder am Stuttgarter Fernsehturm
Zur Weihnachtszeit hat sie in Zusammenarbeit mit einer Trauerbegleiterin und einer Hebamme eine Aktion am Stuttgarter Fernsehturm organisiert. Sterneneltern können dort einen Erinnerungsbaum dekorieren, um ihre Sternenkinder sichtbar zu machen und um sich auszutauschen. Bis zum 4. Januar sind dort noch Treffen geplant.
Vom Schmerz zur Berufung
Mit ihrem Projekt hat Katrin Lasinski ihre Berufung gefunden. Heute ist sie berufstätige Mutter von zwei gesunden Jungs. Der sechsjährige Lino kam exakt ein Jahr nach dem Verlust ihrer Zwillinge als sogenanntes Regenbogenkind zur Welt. Die Kinder werden so genannt, weil sie nach einer Fehlgeburt oder nach dem Tod eines Neugeborenen Hoffnung und Heilung symbolisieren.
Trotz ihrer Auslastung möchte Katrin Lasinski "ihr" Thema weiter in die Gesellschaft bringen. Aktuell macht sie eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin, um Sterneneltern in Zukunft noch besser beistehen zu können.