Symbolbild: Angeklagter mit Handschellen im Gerichtssaal

Strafverfolgungsstatistik 2023

Strafverfolgung: Mehr Jugendliche in Baden-Württemberg verurteilt

Stand

In Baden-Württembergs Gerichten wurden 2023 fast 100.000 Urteile gesprochen. Auffällig dabei: Insbesondere bei den Jugendlichen nahm die Gewaltkriminalität spürbar zu. 
 

Im Jahr 2023 wurden in Baden-Württemberg 96.400 Personen gerichtlich verurteilt. Das geht aus der neuen Strafverfolgungsstatistik des Statistischen Landesamts hervor, die am Freitag gemeinsam mit Justizministerin Marion Gentges (CDU) vorgestellt wurde.

Justizministerin hält Jugendkriminalität für "besorgniserregend"

Unter den im Jahr 2023 rechtskräftig verurteilten Personen in Baden-Württemberg waren laut Mitteilung des Statistischen Landesamtes 2.900 Jugendliche (14 bis 17 Jahre), 5.900 Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahre) und 87.600 Erwachsene (ab 21 Jahre). Bei den Jugendlichen stieg die Zahl der Verurteilungen um 3,3 Prozent. Bei den Straftaten der Gewaltkriminalität gab es in der Altersgruppe sogar einen Anstieg um 26,3 Prozent.

Das Bild der Gewalt bei Jugendlichen sei besorgniserregend, sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU). Für den Anstieg machte sie unter anderem auch die hohe Zahl junger Migranten verantwortlich: "Junge Männer werden häufiger strafrechtlich auffällig als alte Frauen, und in der Gruppe der Migranten ist die Anzahl junger Männer besonders hoch", sagte die CDU-Ministerin. Es gebe aber eine Überrepräsentanz ausländischer Verurteilter im Vergleich zu Urteilen gegen Deutsche. "Migration hat einen Einfluss auf die Kriminalität in diesem Land", sagte sie. 

Bevölkerungsentwicklung hat Einfluss auf Zahl der Verurteilungen

54,1 Prozent der Verurteilungen entfielen im vergangenen Jahr auf Personen mit deutscher Nationalität, 45,9 Prozent auf Nichtdeutsche. Während im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Verurteilten bei den Deutschen um 4,1 Prozent zurückging, nahm sie bei Personen ohne deutschen Pass um 6,3 Prozent zu.

Die Entwicklung der Verurteilungen von Deutschen und Nichtdeutschen stand laut Statistischem Landesamt im Jahr 2023 unter dem besonderen Einfluss der Bevölkerungsentwicklung im Land. So war Ende des Jahres 2022 die nichtdeutsche strafmündige Bevölkerung in Baden-Württemberg um 146.700 Personen höher als ein Jahr zuvor. Parallel dazu verringerte sich im gleichen Zeitraum die deutsche Bevölkerung im Alter von mindestens 14 Jahren um 33.600 Personen. Nach Angaben des Statistischen Landesamt lebten im November 2023 2,1 Millionen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Baden-Württemberg.

Sorge der Justiz um straffällige Kinder

Sorgen bereiten der Ministerin auch Zahlen, die gar nicht erst in der Statistik auftauchen. Denn wer jünger ist als 14 und somit nicht strafmündig, wird in Deutschland nicht verurteilt. Die Justiz habe keine Chance, auf Kinder einzuwirken, die Straftaten begingen. "Und wenn jemand schon sehr früh Straftaten begeht, dann ist die Gefahr natürlich groß, dass sich das verfestigt, bevor die Justiz eingreifen kann", sagte die CDU-Ministerin. Gentges sprach sich erneut dafür aus, Fragen zur Strafmündigkeit von Kindern wissenschaftlich zu untersuchen. Nur dann könnten auch Konsequenzen für ihre Strafbarkeit beraten werden.

Nach der polizeilichen Kriminalstatistik waren im Jahr 2019 insgesamt 7.642 Kinder in Baden-Württemberg tatverdächtig. Diese Zahl ist über die Jahre konstant gestiegen bis zu einem Höchststand im vergangenen Jahr von 10.610 Kindern unter Verdacht. Einen hohen Anstieg gab es laut Gentges vor allem bei der Gewaltkriminalität in dieser Altersgruppe. Dies werde sich früher oder später auch in der Urteilsbilanz zeigen. 

Knapp die Hälfte der Verurteilten sind Wiederholungstäter

Von insgesamt 96.400 rechtskräftig verurteilten Personen im Jahr 2023 hatten 43,8 Prozent schon eine oder mehrere Vorverurteilungen und waren somit bereits vorbestraft. Dazu gehörte jeder dritte Jugendliche und Heranwachsende.

Zahl der Diebstahldelikte um gut ein Drittel gestiegen

Gegen 82,5 Prozent der verurteilten Männer und Frauen wurde 2023 eine Geldstrafe verhängt. Bei 13 Prozent der Verurteilten gab es eine Form der Gefängnisstrafe, die restlichen 4,5 Prozent erhielten eine Verwarnung, Jugendarrest oder Erziehungs- und Arbeitsmaßnahmen.

Die häufigsten Delikte, die 2023 in Baden-Württemberg zu einer Verurteilung führten, waren Straßenverkehrsdelikte (24.905). Die Zahl der Diebstahldelikte stieg im Vergleich zum Vorjahr um gut ein Drittel auf 16.307 Fälle und liegt damit auf dem zweiten Platz. Am kleinsten war 2023 die Zahl der Gewaltdelikte mit 3.439 Fällen.

Laut der Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Anke Rigbers, ist die Zahl der Verurteilungen 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent gestiegen.

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