Ministerien unterschreiten Fünf-Prozent-Quote

Land BW beschäftigt zu wenige schwerbehinderte Menschen - und zahlt Strafe

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Das Land muss fünf Prozent seiner Stellen an Menschen mit schweren Behinderungen vergeben. Diese Quote erreicht Baden-Württemberg seit Jahren nicht. Der VdK kritisiert das scharf.

Das Land Baden-Württemberg muss einen Millionenbetrag zahlen, weil es zu wenige schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Die Landesverwaltung muss eine Quote von fünf Prozent erfüllen. Sie sank aber laut Staatsministerium im Jahr 2021 im Schnitt auf 4,12 Prozent - nach 4,24 Prozent im Vorjahr und 4,46 Prozent im Jahr 2019. Das geht aus einer Antwort des Sozialministeriums auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion zurück, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Sozialverband VdK übt Kritik

Der Sozialverband VdK in Baden-Württemberg kritisiert diese Entwicklung deutlich. Das Land habe hier eine Vorbildfunktion, sagte der Leiter für Sozialpolitik und Sozialrecht beim VdK, Roland Bühler, dem SWR.

Das Land Baden-Württemberg habe laut Bühler einmal angekündigt, mindestens sechs Prozent seiner Stellen mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Die Landesregierung müsse sich daher an ihren eigenen Ansprüchen messen lassen, wenn sie jetzt sogar die Quote von fünf Prozent nicht erfüllt.

Bühler kritisierte zudem, dass immer mehr einfachere Berufe wie Pförtner oder Gärtner von Auslagerung betroffen seien. Dadurch sei es noch schwerer, genügend Menschen mit einer Schwerbehinderung einzustellen.

SPD-Landtagsfraktion kritisiert niedrige Quoten

Weil das Land die Vorgaben 2021 nicht erreichte, musste es eine sogenannte Ausgleichsabgabe von fast 3,5 Millionen Euro an das Integrationsamt beim Kommunalverband für Jugend und Soziales zahlen. Für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor. "Andere Bundesländer haben eine deutlich höhere Quote und erfüllen ihre Vorbildfunktion", kritisierte die SPD-Abgeordnete Dorothea Kliche-Behnke. "Baden-Württemberg liegt dagegen im Vergleich unter den Bundesländern auf einem Platz sehr weit hinten." Einzelnen Ministerien warf sie vor, sich herauszureden.

Landesregierung spricht von "bitterer" Beschäftigungsquote

Die grün-schwarze Landesregierung von Baden-Württemberg räumte auf SWR-Anfrage ein, dass in Zukunft "entschiedene Anstrengungen" erfolgen müssten, um die Quoten dauerhaft zu erhöhen. "Die Beschäftigungsquote von 4,12 Prozent ist bitter", so Simone Fischer, die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Angesichts des aktuellen Personalmangels könne man sich solche Zahlen nicht leisten.

Ein Sprecher des BW-Sozialministeriums ergänzte, dass das Sozialministerium aktuell mit allen weiteren Ministerien der Landesverwaltung Gespräche führe, um die Quoten in Zukunft zu erfüllen. In diesen Gesprächen soll es um konkrete Konzepte dafür gehen.

Viele Schwerbehinderte gehen in Ruhestand

Am niedrigsten war die Schwerbehindertenquote mit 3,40 Prozent im Kultusministerium. Die Behörde führte an, den mit Abstand größten Personalkörper der Landesverwaltung zu haben, was insbesondere auf die allein rund 120.000 Lehrkräfte zurückzuführen sei. "Diese Besonderheit macht es schwer, die Fünf-Prozent-Quote zu erfüllen." Dass die Quote unterschritten werde, sei vor allem darauf zurückzuführen, dass sehr viele Schwerbehinderte aus den geburtenstarken Jahrgängen kommen. Sie gingen nun vermehrt in den Ruhestand.

Am höchsten war der Anteil Schwerbehinderter an allen Beschäftigten mit 7,72 im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. Dieses war nach der Landtagswahl neu gegründet worden und bezog das Personal in erster Linie aus anderen Ministerien. So war das Ressort Wohnen bis dato im Wirtschaftsministerium angesiedelt gewesen.

Gesamtzahl der Beschäftigten unter Quotenziel

In den meisten der Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg liegt die Gesamtzahl der Beschäftigten mit einer Schwerbehinderung unter der vorgegebenen Quote. Im Jahr 2022 hatten laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit nur in Heidelberg, im Neckar-Odenwald-Kreis und im Main-Tauber-Kreis mehr als fünf Prozent der beschäftigen Menschen eine Schwerbehinderung.

Mehr Aufträge an Behinderten-Werkstätten vergeben

Nach dem Sozialgesetzbuch müssen private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Mitarbeitern gewährleisten, dass wenigstens fünf Prozent ihrer Beschäftigten Menschen mit schwerer Behinderung sind. Kommen sie dieser Vorgabe nicht nach, müssen die Arbeitgeber Ausgleichsabgaben an die zuständigen Integrationsämter bezahlen.

Für die Berechnung dieser Abgabe sind auch Aufträge an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Blindenwerkstätten relevant. Hier betrug die Summe der Landesverwaltung den Angaben nach im Jahr 2021 gut 125.000 Euro - ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2020. Ein Jahr davor waren es allerdings noch knapp 215.000 Euro gewesen.

SPD-Sozialpolitikerin Kliche-Behnke kritisierte, diese Mittel seien nach wie vor in allen Ministerien zu gering. "Dass zwei Ministerien im Jahr 2021 dafür nur Aufträge von jeweils unter insgesamt 100 Euro vergeben haben, ist für mich schlicht unglaublich." Laut der Tabelle gab das Verkehrsministerium gerade einmal 23,17 Euro für solche Aufträge aus, das Wirtschaftsministerium 89,56 Euro. An der Spitze steht hier das Wissenschaftsministerium mit gut 37.000 Euro - liegt bei der Beschäftigungsquote aber mit 3,53 Prozent auch weit hinten.

SPD: Aufbau von Stellenpool kommt nicht voran

Kliche-Behnke kritisierte, der Landtag habe dem Sozialministerium seit 2019 "erhebliche Finanzmittel" zur Verfügung gestellt, um einen Stellenpool für die Einstellung von schwerbehinderten Menschen zu bilden - Minister Manfred Lucha (Grüne) komme damit aber nicht voran. "In vier Jahren hat er hier nichts erreicht."

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