Er war eine prägende Figur der Zeitgeschichte: Wolfgang Schäuble. Kurz nach Weihnachten verstarb der ehemalige Bundestagspräsident und CDU-Politiker aus Offenburg (Ortenaukreis). Noch wenige Tage zuvor war er ein letztes Mal nach Berlin gefahren, um seine Memoiren fertig zu stellen, die an diesem Montag als Buch erscheinen.
Sollte Schäuble Merkel stürzen?
Schon vor der offiziellen Publikation haben Schäubles Memoiren Wellen geschlagen. In bereits vorab veröffentlichten Auszügen berichtet Schäuble von einem regelrechten Putschversuch der CSU gegen Angela Merkel, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015. Schäuble habe der Kanzlerin damals stets beigestanden, einen Putschversuch entschieden abgelehnt.
Für Verleger Tom Kraushaar vom Klett-Cotta Verlag waren das ganz neue Einblicke: "Ich war schon überrascht über die Direktheit, in der offenbar im politischen Betrieb solche Pläne kommuniziert werden und dann der Versuch gemacht wird, sie auch umzusetzen."
Schäuble galt als Schlichter zwischen CDU und CSU
Es blieb beim Versuch. Schäuble blieb loyal. Weggefährte Andreas Jung (CDU), Bundestagsabgeordneter aus Konstanz, erinnert sich an Schäuble, der zwar "Machtpolitiker", aber "sicher kein Putschist" gewesen sei.
Stattdessen schlichtete Schäuble den Streit zwischen CDU und CSU. Eine Haltung, aus der die Union auch heute lernen könne. Niemandem sei geholfen, wenn CDU und CSU sich streiten, so Jung. "Nur gemeinsam sind wir erfolgreich. Und insofern gilt's da auch für heute und für die Zukunft die Lehren draus zu ziehen."
Erinnerungen an Schäuble: "Er hat immer das Gute gewollt"
Schäuble habe mit diesen Memoiren ein Vermächtnis hinterlassen wollen, sagt Verleger Kraushaar. "Ich glaube, in dem Fall kann man wirklich ohne Übertreibung davon sprechen. Weil das auch im Interesse des Autors war. Das war Wolfgang Schäubles Wunsch, ein Vermächtnis zu hinterlassen. Und das ist dieses Buch."
Ein Vermächtnis - und eine Begegnung mit dem Menschen Wolfgang Schäuble. Loyal sei er gewesen, demütig, und habe das Gute gewollt, glaubt Kraushaar.
Das sei eine wichtige Lehre - nicht nur für Politikerinnen und Politiker.