Der Rothirsch hat für Baden-Württemberg eine besondere Bedeutung: Er ist das Wappentier des Landes und ist zugleich das größte heimische Säugetier. Die Männchen können vom Geweih bis zum Schwanz 2,50 Meter lang werden und laut der Deutschen Wildtierstiftung bis zu 250 Kilogramm wiegen. Wenn René Greiner vom Landesjagdverband im Wald mit seinem Fernglas einen Rothirsch entdeckt, ist er immer wieder beeindruckt.
Jäger beobachten zu kurze Unterkiefer bei den Tieren
Noch ist der Ruf der Rothirsche und Hirschkühe in den Wäldern zu hören. René Greiner will, dass das auch so bleibt, denn die Tierart ist bedroht - allerdings nicht durch Jäger, sondern durch Inzucht. Das geht aus einem offiziellen Bericht des Landes hervor. Die immer gleichen und verwandten Tiere paaren sich miteinander. Der Jäger hat Fotos dabei. Darauf ist der Kopf einer Hirschkuh abgebildet und es ist deutlich zu sehen, dass der Unterkiefer viel zu kurz ist. Wenn solche Missbildungen auftreten, sei es schon 5 vor 12, sagt Greiner. Der nächste Schritt wäre dann, dass die Tiere nicht mehr so fruchtbar seien.
Wenn nichts passiere, könnte die Tierart aussterben, warnt der Jäger. Zur Inzucht kommt es, weil sich der heimische Rothirsch nur in den grün markierten Rotwildgebieten aufhalten darf. Diese machen vier Prozent der Landesfläche aus. Außerhalb der Gebiete muss er geschossen werden. Allerdings schafft es ein Tier nur schwer von einem Rotwild-Gebiet ins andere, auch weil Straßen und Siedlungen es den Tieren erschweren zu wandern. Der Landesjagdverband warnt, wenn nichts passiere, könne der Rothirsch auch regional aussterben. Auch ein offizieller Bericht der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt fasst zusammen, dass ein dauerhaft gesunder Rotwildbestand nicht mehr gesichert sei.
Minister Hauk: Schutz des Waldes wichtiger als Rothirschbestand
Der zuständige Landesminister für den Ländlichen Raum, Peter Hauk (CDU), kennt das Problem. Schon 2019 ging bei ihm eine Petition mit einer Audiodatei von 10 Stunden Hirschröhren ein, die die Deutsche Wildtierstiftung veröffentlicht hat. Doch für den Minister hat nicht der Rothirsch Vorrang, sondern der Schutz des Waldes.
Der Zustand des Waldes ist bedenklich, er leidet unter Hitze und Trockenheit wie aus dem aktuellen Waldzustandsbericht hervorgeht. Die Wälder sollen deshalb klimaresilient aufgeforstet werden. Doch das Rotwild könnte hier besonders jungen Bäumen schaden, weil ihm die Rinde schmeckt. Die Tiere seien zwar heimisches Wild, sagte Hauk dem SWR. Sie verursachten aber auch Schäden, da sie ein Feind des Waldes seien. Hauk will dem Tier deshalb nicht mehr Platz geben.
Für Waldbesitzer ist das vom Rothirsch angefressene Holz wertlos
Dass an den Bäumen bereits deutliche Spuren erkennbar sind, ist für die Waldbesitzer laut der Forstkammer Baden-Württemberg fatal. Das Wild schäle die Rinde, dadurch trete Fäule in das Holz ein, woraufhin es kaputt gehe, sagte Jerg Hilt von der Kammer dem SWR. Aus dem Holz könne man keine Bretter mehr machen, es sei dann wertlos, so Hilt. Seinen Schätzungen zufolge könnten durch Rotwild mehrere Tausend Euro Schaden pro Hektar entstehen.
Momentan ist also der Wald der Gewinner. Das Land arbeite aber daran die voneinander getrennten Rotwildgebiete besser zu vernetzen, sagte Minister Hauk. Doch das Abschussgebot zwischen den einzelnen Gebieten bleibt bestehen. Allenfalls überlegt das Ministerium, könnten junge paarungsfähige Rothirsche vom Abschussgebot auszunehmen.