SPD-Landes- und Fraktionschef Andreas Stoch unterstützt die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Baden-Württemberg nach einem bundesweiten 365-Euro-Ticket. "Das ist ein sehr guter Vorschlag", teilte Stoch am Sonntag mit. Seine Partei fordere seit Jahren einen Öffentlichen Personennahverkehr zu bezahlbaren Preisen. Ein 365-Euro-Ticket wäre die ideale Lösung, die Bundesländer sollten mit dem Bund eine schnelle Lösung finden. "Wo ist hier der Beitrag der grün-schwarzen Landesregierung?", fragte Stoch.
Zuvor hatte DGB-Landeschef Kai Burmeister eine dauerhafte Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket gefordert, das Ende August ausläuft. "Als DGB sind wir dafür, dass es ein bundesweites 365-Euro-Ticket gibt", sagte Burmeister. Realistisch sei ein Start eines solchen Jahrestickets zum 1. Januar 2023. Für die Finanzierung schwebt dem DGB eine höhere Besteuerung hoher Vermögen vor.
DGB: 9-Euro-Ticket sorgt für finanzielle Entlastung und Teilhabe
Das 9-Euro-Ticket habe vielen Menschen eine Entlastung gebracht und sich dämpfend auf die Inflationsrate ausgewirkt, so Burmeister. Viele Menschen habe die Einfachheit des Tickets überzeugt. Es habe zwar auch mehr touristische Reisen gegeben - aber das sei auch eine Form von Teilhabe. "Das hat nichts mit Gratismentalität zu tun, sondern es ist eine Frage von politischer Klugheit, die Dynamik, die da jetzt entfacht wurde, zu nutzen." Burmeister schränkte ein, dass vor allem Menschen in Ballungsräumen von dem Ticket profitierten, die ihren Arbeitsplatz mit Bus oder Bahn erreichen könnten.
Burmeister machte deutlich, dass das 9-Euro-Ticket Defizite im öffentlichen Nahverkehr aufgezeigt habe. Es mangele an Fahrzeugen, und die Beschäftigten arbeiteten vielfach an den Grenzen der Belastbarkeit. Um die Infrastruktur für ein dauerhaftes Billigticket fit zu machen, schlug der DGB einen kreditfinanzierten öffentlichen Fonds auf Bundesebene vor. Den Betrag von 365 Euro im Jahr statt neun Euro monatlich begründete Burmeister damit, dass öffentliche Leistungen auch mit einem entsprechenden Geldbetrag versehen sein sollten. Zudem müssten gute Arbeitsbedingungen sichergestellt werden.
"Es war eine der besten Ideen, die wir hatten."
![Olaf Scholz (Foto: IMAGO, Imago) Olaf Scholz](/wissen/umweltnews/1712919503341%2Cklimakanzler-scholz-102~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Auch die Bundespolitik diskutiert weiter über die nächsten Schritte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte das 9-Euro-Ticket ein Erfolgsmodell. "Es war eine der besten Ideen, die wir hatten", sagte Scholz am Sonntag in einem Bürgergespräch anlässlich des Tages der offenen Tür der Bundesregierung. Das Ticket habe gezeigt, "was geht", aber auch wo Schwierigkeiten und Defizite beim Bahnfahren lägen.
Finanzminister Lindner lehnt Verlängerung von 9-Euro-Ticket ab
Zu einer möglichen Nachfolgeregelung für das Ende August auslaufende 9-Euro-Ticket äußerte sich Scholz nicht. Der Kanzler verwies auf anstehende Gespräche zwischen Bund und Ländern über einfachere Tarifstrukturen. "Viele Leute würden gern öfter Bahn und Bus benutzen, wenn es für sie einfacher wäre", sagte Scholz.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat Forderungen nach einer Verlängerung des 9-Euro-Tickets indes erneut zurückgewiesen. "Das würde 14 Milliarden Euro kosten", sagte Lindner am Sonntag im "Bericht aus Berlin" des ARD-Hauptstadtstudios. Dieses Geld würde andernorts für die Bildung oder für Investitionen in das Schienennetz fehlen.
Die Idee eines kostenfreien öffentlichen Nahverkehrs "ist nicht finanzierbar". Aus Lindners Sicht wäre das auch nicht nachhaltig und würde am Ende auch nicht zu ökologisch verantwortbaren Entscheidungen führen.
Verkehrsverbünde kündigen höhere Preise für ÖPNV an
Ende Juli hatte auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gesagt, "solche Super-Sonderangebote wie das 9-Euro-Ticket" seien auf Dauer kaum finanzierbar. Zunächst müsse ein guter öffentlicher Nahverkehr mit fairen Ticketpreisen stabil finanziert werden können. Außerdem sei es wichtig, das wachsende Defizit im Schienenpersonennahverkehr auszugleichen. Der Bund müsse die Mittel erhöhen, mit denen die Länder den ÖPNV finanzierten.
Zuletzt hatten mehrere Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg höhere Ticketpreise angekündigt. Als Gründe werden bei den Verkehrsverbünden für die Preisanhebungen unter anderem steigende Personalkosten sowie erhöhte Kosten für Diesel und Strom genannt.