Programmvorstellung zu 100 Jahre Neue Sachlichkeit in Mannheim

Umfassendes Jubiläumsprogramm

Mehr als eine Ausstellung: Mannheim feiert 100 Jahre Neue Sachlichkeit

Stand
Autor/in
Martina Senghas
Natalie Akbari-Haddad

Vor 100 Jahren ist der Mannheimer Kunsthalle mit der Ausstellung "Die Neue Sachlichkeit" eine legendäre Schau gelungen. Zum Jubiläum blickt die ganze Stadt noch einmal auf die 1920er-Jahre.

Mit "Die Neue Sachlichkeit" ist der Mannheimer Kunsthalle 1925 eine Ausstellung geglückt, die legendär wurde. Der Titel sollte zum prägenden Begriff für eine ganze Epoche werden. Er bezeichnet den nüchternen Blick auf eine Zeit, die gleichermaßen von Aufbruch und Elend gekennzeichnet war. Zum Jubiläum schaut nicht nur die Kunsthalle auf die 1920er-Jahre zurück, sondern die ganze Stadt. Den Auftakt machen zwei Ausstellungseröffnungen.

Ein Festival in Mannheim zum Thema Neue Sachlichkeit

In der Mannheimer Kunsthalle war seit langem klar, dass es zum 100-jährigen Geburtstag der wahrscheinlich berühmtesten Ausstellung des Hauses etwas Besonderes geben muss. Dass Kunsthallen-Direktor Johan Holten zum Auftakt des Jubiläums ein Programm präsentieren konnte, an dem mehr als 35 Einrichtungen aus der ganzen Stadt mitgearbeitet haben, macht ihn sichtlich stolz.

Wir sind mit vielen Partnern ins Gespräch gekommen, die alle Lust hatten, dieses 20er-Jahre-Thema aufzugreifen. Und da dachten wir: Warum stoppen bei vier oder fünf Einrichtungen?

Und so kommt es, dass es bis weit ins nächste Jahr hinein eine Vielzahl von Veranstaltungen gibt: Konzerte und Filme, Oper und Theater, Lesungen und Vorträge. Auch ein Schaufensterbummel lohnt sich, weil sich nicht nur Kulturinstitutionen, sondern zum Beispiel auch Kaufhäuser an dem Rückblick auf die 1920er-Jahre beteiligen. Mannheims Kulturbürgermeister Torsten Riehle (SDP) spricht von einem Festival, das zeige, welche Kraft Kultur in der Stadt entfalten kann.

Ich bin der Kunsthalle sehr dankbar, dass sie das nicht nur als alleinige Ausstellung in der Kunsthalle gemacht hat, sondern den Festival-Gedanke aufgegriffen hat.

Vertreterinnen und Vertreter der zahlreichen Institutionen, die sich am Jubiläumsprogramm beteiligen.
Vertreterinnen und Vertreter der zahlreichen Institutionen, die sich am Jubiläumsprogramm beteiligen.

Zum Auftakt gibt es eine Grafik- und eine Foto-Ausstellung

Den Auftakt der Veranstaltungsreihe macht ab Freitag (20. September) die Grafik-Ausstellung "hart & direkt. Zeichnung und Grafik der Neuen Sachlichkeit" in der Mannheimer Kunsthalle. Dort bekommen Interessierte einen ersten Einblick in den kühlen Stil, der in die Kunst einzog. Dabei sei es letztendlich immer um die Gesellschaft gegangen, so Ausstellungskurator*in Gunnar Saecker. Man könne die "Neue Sachlichkeit" als einen politisch engagierten Stil bezeichnen, und zwar gleichermaßen von Links und Rechts.

Am Sonntag (22. September) eröffnet dann in den Reiss-Engelhorn-Museen (rem) die Fotoausstellung "SACHLICH NEU. Fotografien von August Sander, Albert Renger-Patzsch & Robert Häusser." Hier treten Werke aus den 1920er- und 1930er-Jahren in einen Dialog mit Werken des preisgekrönten Mannheimer Fotografen Robert Häusser, dessen hundertster Geburtstag sich ebenfalls jährt. Thematisch geht es bei den 120 ausgestellten Fotografien um die Umbruchszeit zwischen Fortschrittsglauben und Fortschrittsskepsis, um Schönheit und Abgründigkeit.

Portraitzeichnungen
Zeichnungen aus der Grafik-Ausstellung "hart & direkt"

Zentrale Ausstellung im November: "Die Neue Sachlichkeit - Ein Jahrhunderjubiläum"

Ab dem 20. November wird sich die Kunsthalle mit der Schau auseinandersetzen, die Anlass für das umfangreiche Kulturprogramm ist. Unter dem Titel "Die Neue Sachlichkeit - Ein Jahrhundertjubiläum" wird es eine Art digitale Rekonstruktion der Ausstellung von vor hundert Jahren geben. Gleichzeitig geht es aber auch um eine kritische Auseinandersetzung mit deren Konzept. Und zwar, indem dem Original eine "neue" Schau gegenübergestellt wird, in der über 200 Werke zu sehen sein werden.

Parallelen zwischen den zwanziger Jahren damals und heute?

Was den Beteiligten wichtig ist: Das Ganze soll keine Nostalgie-Veranstaltung sein. Es gehe darum, Fragen zu stellen, so Kunsthallendirektor Johan Holten. Eine, die sich aufdrängt, sei natürlich die nach den Parallelen der 20er-Jahre damals und heute. Leben wir heute in einer ähnlichen Umbruchszeit wie vor hundert Jahren? Ist die Demokratie heute genauso gefährdet wie die der Weimarer Zeit? Es sei fast unumgänglich, nicht in diese Denkstrukturen zu verfallen, wenn man sich mit dieser Zeit beschäftige, meint Holten. Was er dazu sagen kann ist, dass man bloß nicht glauben solle, dass man Lösungen für die damalige Zeit auf die Gegenwart anwenden kann.

Man kann aus der Geschichte Empathie für gesellschaftlich fragile Zeiten lernen. Die Lösungen, wie wir in unserer politisch hochfragmentierten Gesellschaft heute agieren sollen, die müssen wir selbst suchen.

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