Lange gabs Streit zwischen der baden-württembergischen Landesregierung und der Stadt Heidelberg über die Nutzung des ehemaligen Gefängnisses Fauler Pelz. Mittlerweile hat man sich geeinigt, das Gebäude wird vorübergehend für den Maßregelvollzug genutzt, also für Straftäter mit starken Suchterkrankungen. Heute ziehen die ersten von ihnen in den Faulen Pelz in Heidelberg ein. Das Land braucht die Plätze dringend, derzeit sitzen rund 70 Suchtkranke mit gerichtlichem Unterbringungsbeschluss in Haftanstalten. Knut Bauer über die angespannte Lage im Maßregelvollzug in Baden-Württemberg:
1425 Personen waren landesweit zum Stichtag 31.12. 2022 im Maßregelvollzug untergebracht. Zahn Jahre zuvor – Ende 2012 waren es gut 1000 Personen in sieben Psychiatrien in Baden-Württemberg. Das heißt die Zahl der Unterbringungen in diesem speziellen Bereich des Strafvollzugs ist in den letzten Jahren um rund 40 Prozent gestiegen. Konsequenz: in den letzten beiden Jahren mussten jeweils 35 von den Gerichten zugewiesene Straftäter vorzeitig auf freien Fuß gesetzt werden, weil es für sie keine Plätze gab. Gesundheitsminister Manfred Lucha von den Grünen macht für die Überbelegung vor allem die Rechtsprechung verantwortlich, weil immer mehr drogenabhängige Straftäter in Kliniken eingewiesen wurden. Baden-Württemberg und andere Bundesländer hatten deshalb auf eine Reform des Paragraphen 64 im Strafgesetzbuch gedrängt, um klare Regeln zu haben für die Unterbringung. Vor der Sommerpause hat auch der Bundesrat dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zugestimmt. Künftig sollen nur noch schwer drogenabhängige Straftäter im Maßregelvollzug untergebracht werden. Bis die Gesetzesänderung greift, wird es aber noch eine Weile dauern. Gleichzeitig soll es bis im Jahr 2025 neue Kapazitäten für den Maßregelvollzug in Schwäbisch Hall und Winnenden geben. Die Unterbringung von 80 von den Gerichten zugewiesenen Straftätern mit Alkohol- oder Drogenabhängigkeit im ehemaligen Gefängnis Fauler Pelz in Heidelberg ist also eine Zwischenlösung.