Zwei Angeklagte im Landgericht in Heidelberg

Mutmaßlich antisemitischer Vorfall in Heidelberg

Prozess um Burschenschaft Normannia: Zwei Männer gehen gegen Urteil vor

Stand

Antisemitische Äußerungen und Schläge mit einem Gürtel lautet der Vorwurf gegen zwei Burschenschaftler in Heidelberg. Der Fall wird seit Montag in zweiter Instanz verhandelt.

Fast zwei Jahre nach dem ersten Urteil hat am Montag am Landgericht Heidelberg erneut ein Prozess begonnen, der sich mit einem mutmaßlich antisemitischen Vorfall bei der Normannia-Studentenverbindung auseinandersetzt. Die Heidelberger Verbindung nennt sich mittlerweile "Cimbria".

Nach Vorfall bei Normannia: Gericht verurteilte drei Männer

Das Amtsgericht in Heidelberg hatte im Dezember 2022 in erster Instanz drei der damals vier Angeklagten zu Bewährungsstrafen in Höhe von jeweils acht Monaten verurteilt. Ein Mann wurde freigesprochen. Zwei der damals Angeklagten gehen nun gegen das Urteil vor. Ein dritter Angeklagter hatte seine Berufung vergangene Woche zurückgezogen und gilt nun als rechtskräftig verurteilt. Weil die Staatsanwaltschaft keine Berufung eingelegt hat, beträgt die Bewährungsstrafe im Berufungsverfahren für die beiden Angeklagten erneut jeweils maximal acht Monate. Das teilte eine Sprecherin des Landgerichts mit.

Prozessauftakt in Heidelberg: Angeklagten schilderten Abend aus ihrer Sicht

Zum Prozessauftakt schilderten die beiden 24-jährigen Angeklagten den Abend des Normannia-Festes vor vier Jahren aus ihrer Sicht. Beide gaben an, an den Beleidigungen und verletzenden Schlägen nicht beteiligt gewesen zu sein. Der eine - damals Mitglied der Burschenschaft Normannia in Heidelberg - meinte, er sei im Nebenraum gewesen und habe lediglich mitbekommen, dass der Geschädigte das Fest aufgebracht verlassen habe.

Der andere - ein Gast der Kölner Burschenschaft Germania - räumte ein, dass er irgendwann einen Tumult wahrgenommen habe. Dann habe er gesehen, wie ein sogenannter Bundesbruder aus Köln den Geschädigten dreimal mit einem Gürtel auf den Oberschenkel geschlagen habe. Beide maßen ihren Beobachtungen an dem Abend aber keine besondere Bedeutung bei.

Während der Vernehmung begründeten sie dies unter anderem mit dem vielen Alkohol, den alle nach eigenen Angaben an dem Abend getrunken hätten. Einer der Angeklagten, sprach beim Prozessauftakt von einem "unfassbaren Saufgelage".

Dass es Gürtelschläge geben würde, sei dem Geschädigten angekündigt worden, schilderte einer der Angeklagten der Heidelberger Burschenschaft. Und zwar als er der per Nachrichtendienst angefragt habe, ob er mit Freunden zu dem Fest kommen könne. Das Gürteln habe dann bei der Begrüßung stattgefunden mit zwei, drei Schlägen.

Burschenschaft Normannia
Das Verbindungsgebäude liegt unweit des Heidelberger Schlosses.

Mitglieder des Altherren-vorstands treten als Zeugen auf

Am Montagnachmittag begann die Zeugenbefragung. Vernommen wurden unter anderem der Vorsitzende und der Co-Vorsitzende des Altherrenverbandes der damaligen Normannia. Am vermeintlichen Tatabend vor Ort war nur der Vorsitzende. Er räumte ein, dass er nichts mitbekommen und erst am nächsten Tag den Vorfall geschildert bekommen habe. Er sei an dem Abend "sehr betrunken" gewesen.

Beide Zeugen beschrieben, wie in den Tagen nach dem Fest die Entscheidung fiel, die aktive Normannia-Gruppe aufzulösen. Der Grund seien zum einen die Ereignisse auf dem Fest gewesen; es habe sich zum anderen aber auch herausgestellt, dass schon vorher „einiges gelaufen“ sei und es "einige Entgleißungen" gegeben habe. Wie etwa ein Heil-Hitler-Gruß bei einem Telefonat. Deshalb habe man die Notbremse gezogen. Der Co-Vorsitzende beschrieb, dass er vor den jungen Burschenschaftlern einen halbstündige Monolog gehalten und die Auflösung bekannt gegeben habe. Es seinen Tränen geflossen.

Einer der Angeklagten merkte an, dass es diesen Monolog nie gegeben habe. Es seinen lediglich zwei Sätze gefallen und die aktiven Burschenschaftler hätten ihre Bänder abgeben müssen.

"Gürteln" offenbar eine Erfindung der jungen Burschenschaftler

Das Gürteln - also Schläge mit Gürteln in der damaligen Normannia-Burschenschaft - ist offenbar eine Erfindung der jüngeren Mitglieder. Die Zeugen aus dem Altherren-Verband bemerkten, dass sie dieses Ritual nicht kennen würden. Es sei wohl während der Corona-Zeit eingeführt worden.

Gürtelschläge und antisemitische Beleidigungen

Auf einer Feier der Burschenschaft Normannia 2020 in Heidelberg sollen Gäste einen damals 25-Jährigen mit einem Gürtel geschlagen und antisemitisch beleidigt haben. Hintergrund sollen dessen jüdische Vorfahren gewesen sein.

Zwei der damals Beschuldigten waren zum Tatzeitpunkt Mitglieder der Normannia, die beiden anderen gehörten der Burschenschaft Germania Köln an.

In dem Berufungsverfahren sind insgesamt vier Verhandlungstermine angesetzt worden. Ein Urteil wird Ende September erwartet.

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