"Vogelstang und seine Bauten" - unter diesem Titel haben das Mannheimer Stadtarchiv Marchivum und die Mannheimer Architektenverbände zu einer Veranstaltung mit Führungen eingeladen. Aus Anlass des 60-jährigen Geburtstags des Stadtteils, der übrigens den Namen des Gewanns bekam, auf dem er gebaut wurde. Über 150 Menschen kamen - viel mehr als erwartet. Es gab es viel Geschichtliches, aber auch viele persönliche Geschichten zu hören.
Ein Großprojekt gegen die Wohnungsnot der Nachkriegszeit
Vor den Touren durch den Stadtteil gab es eine Gesprächsrunde mit Experten - auch mit Einald Sandreuther, dem Leiter des Vogelstang-Projekts bei der Neuen Heimat in den 1960er Jahren. Anschaulich und unterhaltsam erzählte er von den Anfängen.
Die Vogelstang war ein Projekt gegen die Wohnungsnot der Nachkriegszeit und für 20.000 Menschen gedacht. Ab 1964 entstanden in gerade mal fünf Jahren 5.000 Wohneinheiten. Früher sei dort nur Ackerland gewesen und so gut wie kein Baum, so Sandreuther. Die Äcker habe man den Bauern nach und nach abgekauft und dabei immer einen Koffer mit Bargeld dabeigehabt.
Neue städtebaulichen Idealen für 116-Hektar
Insgesamt wurden 116 Hektar nach den damals neuesten städtebaulichen Idealen errichtet. Das hieß: eine Mischung aus unterschiedlichen Häusertypen - vom Bungalow bis zum Hochhaus und vor allem: viel Grün.
Die Wohnungen seien alle so geplant worden, dass Lichteinfall und Lärmschutz möglichst optimal sind. Fortschrittlich war außerdem, dass der Stadtteil gleich ans Straßenbahnnetz angebunden war. Und es gab ein Einkaufszentrum für die Nahversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner.
Das Ganze war ein Projekt der Neuen Heimat - ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen des Deutschen Gewerkschaftsbunds, das in den 1970er Jahren in die Krise geriet.
Viele Vogelstänger sind stolz auf ihren Stadtteil
Der Abend bot viel Information über die Baukultur und die Anfänge des Stadtteils. Die Kommentare und Gespräche während der Führungen zeigten: Die Menschen leben gerne auf der Vogelstang und sind stolz auf ihren Stadtteil. Trotz der Probleme, die es natürlich auch gibt. Früher sei die Vogelstang der jüngste Stadtteil Mannheims gewesen, heute sei er der älteste, sagte beispielsweise Gunter Heinrich jr. vom Stadtteilverein. Das liege daran, dass Menschen, die damals im Erstbezug hierhergezogen sind, immer noch hier leben. Weil sie gerne hier leben.
Stefanie Rüdiger, eine überzeugte Vogelstängerin, die gerade woanders lebt, aber unbedingt wieder hierher ziehen will, fügte hinzu:
Und wie ist das mit der Architketur aus den 1960er Jahren, mit viel Beton und grauen Hochhäusern? Finden die Leute das schön? Die Antwort fällt diplomatisch aus: Die Vogelstang ist ein bisschen in die Jahre gekommen, hat aber ihren ganz eigenen Charme.