Beim geplanten Antidiskriminierungsgesetz in Baden-Württemberg hat die CDU eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag in Frage gestellt. In der Landtagsdebatte am Mittwoch über das geplante Gesetz wurden Differenzen zwischen den Regierungsfraktionen Grünen und CDU deutlich.
Kommunen und Wirtschaft befürchten mehr Bürokratie
Die Befürchtungen von Kommunen, Wirtschaft und Normenkontrollrat wegen der zusätzlichen Bürokratie beim Gleichbehandlungsgesetz müssten ernst genommen werden, so der CDU-Abgeordnete Stefan Teufel. Es sei "kein grundsätzlicher Widerspruch", den Koalitionsvertrag auch beim geplanten Antidiskriminierungsgesetz infrage zu stellen.
Was soll das Antidiskriminierungsgesetz regeln?
In ihrem Koalitionsvertrag hat die grün-schwarze Landesregierung vor dreieinhalb Jahren festgelegt, in Baden-Württemberg ein Antidiskriminierungsgesetz einzuführen. Während das Bundesgesetz die Gleichbehandlung aller Menschen privatrechtlich festlegt, soll dies mit dem Landesgesetz auch auf staatliches Handeln von Polizei und Behörden ausgeweitet werden. Laut dem ersten Gesetzentwurf sollen sich Bürgerinnen und Bürger künftig leichter gegen eine Benachteiligung durch Behörden wehren können. Zudem stünden ihnen sogar Schadens- und Schmerzensgeldanspruch zu.
Mit der Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums sind Grüne und CDU schon einmal vom Koalitionsvertrag abgerückt, wo ursprünglich keine Veränderungen an Bildungsstrukturen festgelegt worden sind.
Grüne halten am geplanten Gesetz fest
In einem Brief hatte auch der grüne Staatskanzleichef Florian Stegmann empfohlen, das Gesetz nicht weiterzuverfolgen. Als Folge erntete Stegmann massive Kritik aus der eigenen Fraktion. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nahm seinen engsten Mitarbeiter und Parteifreund in Schutz. Am Mittwoch betonte Grünen-Innenexperte Oliver Hildenbrand, seine Fraktion wolle das Antidiskriminierungsgesetz, weil mit dem Recht auf Gleichbehandlung auch bei staatlichen Organisationen eine Schutzlücke geschlossen werde: "Das Gleichbehandlungsgesetz des Landes soll dort gelten, wo das Gesetz des Bundes nicht gilt, nämlich im öffentlich-rechtlichen Bereich." Gleichbehandlung gelte auch auf dem Polizeirevier oder beim Finanzamt.
Gleichbehandlungsgesetz: Weicht die Koalition vom Vertrag ab?
Der SPD-Abgeordnete Florian Wahl warf der grün-schwarzen Landesregierung vor, ein peinliches Theater aufzuführen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von einem "verzichtbaren Bürokratiemonster", das der Polizei, der Verwaltung und der Wirtschaft schade. Es sei überflüssig.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) äußerte: "Hier kann und wird ein Landes-Antidiskriminierungsgesetz einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es zielgerichtet bestehende Gesetzeslücken adressiert." Ob das Gesetz nun kommt und wie es aussehen soll, bleibt nach der kontroversen Debatte offen.