Saatkrähen richten in der baden-württembergischen Landwirtschaft Schäden an. Die Krähen fressen frisch gesäte Körner genauso wie Teile junger Pflänzchen und reife Maiskolben. Teilweise fallen Pflanzen auch ihrer Suche nach Insekten und Würmern im Boden zum Opfer.
Der finanzielle Schaden kann dabei laut Landesbauernverband sehr unterschiedlich ausfallen. Beim Saatmais, der für die erneute Aussaat angebaut wird, sind demnach im Jahr 2022 pro Betrieb im Durchschnitt Schäden von knapp 8.000 Euro entstanden. Die höchste Schadensmeldung lag bei über 40.000 Euro.
Eine nicht repräsentative Erhebung des Landesbauernverbands Baden-Württemberg zeigt: Ein gutes Drittel der Meldungen zu Saatkrähen-Schäden im Jahr 2022 bezieht sich auf Maiskulturen. Im Vorjahr waren es rund 60 Prozent. Dennoch nehmen Mais-Schäden nach wie vor die Spitzenposition ein. Zugenommen haben Schadensmeldungen von Gemüsebetrieben von knapp 30 auf 45 Prozent. Die Zahlen zeigen: Saatkrähen sind für die Landwirtschaft in Baden-Württemberg ein Problem.
Saatmais-Betriebe in Gefahr
Ekkehard Hipp von der Zentralgenossenschaft (ZG) Raiffeisen, die in Südbaden Saatmais vermehren lässt und vertreibt, sieht die Zukunft der Anbau-Betriebe in Gefahr: "Wir müssen uns messen mit den großen Vermehrer-Organisationen in Frankreich und Südosteuropa, wo der meiste Saatmais produziert wird. Dieser Kampf unserer Vermehrer führt dann auch dazu, dass die irgendwann aufgeben."
Der Landesbauernverband macht sich deshalb dafür stark, dass Saatkrähen gejagt werden dürfen. Bisher stehen die Vögel in Deutschland unter Schutz. Nur mit Sondergenehmigung dürfen einzelne Tiere geschossen werden, um Schwärme zu vergrämen, also langfristig zu vertreiben. Aus Sicht des grün geführten Umweltministeriums reicht die derzeitige Regel aus. Allenfalls eine "verbesserte Vernetzung und Kommunikation zwischen Behörden, Landwirtschaft und Jägerschaft" sei nötig, so ein Sprecher.
Steckbrief Saatkrähe
Saatkrähen gehören zur Familie der Rabenvögel und damit zu den Singvögeln - auch wenn sich ihre rauen, krächzenden Stimmen überhaupt nicht so anhören.
Saatkrähen lassen sich kaum vertreiben
Doch ob der vereinzelte Abschuss die Tiere tatsächlich in Schach hält, daran gibt es Zweifel. In einem Bericht der bayerischen Landesanstalt für Umwelt (LFU) heißt es am Beispiel Schottland, dass dort der Abschuss einzelner Krähen die Schwärme nicht lange fernhalten konnte: "Innerhalb von 30 Minuten nach einem Schuss kamen die anderen Krähen zurück." Klar ist auch: Nur mit Knallgeräuschen oder Vogelscheuchen lassen sich die lernfähigen Krähen erst recht nicht langfristig von Feldern fernhalten.
Forderungen an Landesregierung Bauernverband: Immer größere Ernteschäden durch Krähen in BW
Bauern in Baden-Württemberg beklagen immer häufiger Schäden auf ihren Feldern, die durch Krähen verursacht werden. Teilweise sind diese sogar existenzgefährdend.
Landwirtschaftsministerium will Bejagung, Umweltministerium nicht
Bereits Anfang des Jahres war das Problem Thema im baden-württembergischen Landtag. Das Landwirtschaftsministerium hat sich daraufhin im Bundesrat gemeinsam mit Bayern dafür eingesetzt, dass Saatkrähen wieder bejagt werden können. Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) sagte dem SWR: "Der Schutzstatus für bestimmte Vogelarten ist ein hohes Gut. Die Saatkrähe hat hierzulande jedoch einen günstigen Erhaltungszustand und ist nicht gefährdet. Daher sollte man den Schutzstatus auch den Realitäten anpassen." Der Bundesrat lehnte den Antrag aber mit großer Mehrheit ab.
Dem grün-geführten Umweltministerium wiederum kann diese Entscheidung nur Recht sein. Dort ist man überzeugt, dass eine Bejagung das Saatkrähen-Problem nicht lösen kann, im Gegenteil. Die Befürchtung: "Eine Bejagung würde zur Aufteilung der Kolonien und so zu einer womöglich flächendeckenden Ausbreitung der Saatkrähe im Land führen", so ein Sprecher.
Naturschutzverbände sehen Wiesen und Hecken als Lösung
Laut der bayerischen LFU gibt es sogar Hinweise, dass Maßnahmen wie verstärkte Abschüsse oder auch das Entfernen von Nestern eher dazu führen, dass die Krähen häufiger und mehr brüten. Lilith Stelzner vom BUND Baden-Württemberg schlägt stattdessen vor, wieder "für naturnahe, artenreiche Wiesen zu sorgen und auch Strukturelemente wie Hecken und Feldgehölze mehr zu fördern. Damit fördere ich die natürliche Nahrungsgrundlage der Saatkrähe und auch ihre natürlichen Feinde wie beispielsweise Habichte."
Auch vom NABU heißt es, in Wiesen-Landschaften gebe es mit Saatkrähen im Gegensatz zu Ackerflächen keine Probleme. Das Konfliktpotenzial steigt demnach nachweislich mit der Intensität der Landwirtschaft.