Auf rund zwei Millionen Euro wird der Schaden geschätzt, den der Großbrand am vergangenen Dienstag in der Lagerhalle in Pforzheim-Eutingen angerichtet hat. Das Gebäude, eine ehemalige Werkshalle des Kühlerherstellers Behr, ist inzwischen einsturzgefährdet. Der Teil jedoch, in dem das Theater Pforzheim seinen Fundus lagert, war von den Flammen nicht direkt betroffen und kann betreten werden.
Viele Kostümteile vor Löschwasser gerettet
Noch immer fassungslos steht Sandra Welker vor einem Berg aus Kartons und Plastiksäcken. Darin Kostümteile und Accessoires, die sie mit ihren Mitarbeitern gerettet hat. Sie waren direkt auf dem Boden gelagert und standen im Löschwasser. Nur ein winziger Teil dessen, was das Theater in der fußballfeldgroßen Halle verstaut hat. Auf der einen Seite eines langen Ganges aufeinandergestapelte Kulissenteile und Möbel aller Art: Tische, Stühle, Polstersessel und vieles mehr.
Auf der anderen Seite eine lange Reihe zweistöckiger Kleiderständer. Hier hängen rund 13.000 Kostüme, dazu unzählige Kopfbedeckungen, Schuhe und Accessoires aller Art. Fast alles einzelangefertigte Unikate. Nur noch Pfützen erinnern in diesem Teil der Lagerhalle an den verheerenden Brand zwei Tage zuvor. Auf den ersten Blick sieht alles unversehrt aus. Doch das Bild trügt: in der Luft hängt beißender Rauchgestank.
Kommende Produktionen nach Großbrand akut gefährdet
Sämtliche Kleider und Kostümteile, alle mit Stoff bezogenen Möbel, Schuhe, Hüte - einfach alles stinkt nach Rauch. Und damit hat das Theater ein Riesenproblem. Denn betroffen sind auch alle Kostüme von Produktionen, die bereits für die kommende Spielzeit vorbereitet werden. Charles Dickens‘ Weihnachtsgeschichte etwa. "Bei den meisten der mehr als 200 benötigten Kostüme für diese aufwendige Produktion wollten wir uns aus dem Fundus bedienen", sagt Gewandmeisterin Welker.
Ihre größte Sorge nun: Können die Kostüme gerettet werden? Bekommt man den Rauch wieder aus den Kleidern? Und wenn ja, wie? Ein Bühnenstück mit Kostümen auszustatten, sei immer ein immenser Aufwand, erläutert Sandra Welker. Bis zu acht Wochen arbeite ihr siebenköpfiges Team an einer Produktion. Einfach alles noch mal neu zu machen sei deshalb unmöglich. Im Theaterbetrieb ist alles eng getaktet, eine Produktion folgt der anderen.
Die Kleider einfach in die Waschmaschine zu stecken sei ebenfalls in vielen Fällen nicht möglich, erläutert Welker. Vieles müsse aufwendig gereinigt werden. Bei dieser Masse an Textilien nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch der nötigen Kapazitäten.
Bei dem Brand in Pforzheim ist ein hoher Schaden entstanden.
Tests mit speziellen "Ozonschränken"
Man teste derzeit alles, was möglich ist, sagt Verwaltungsdirektor Uwe Dürigen. So habe man sowohl Kontakt zu Spezialreinigungen aufgenommen wie auch zum Badischen Staatstheater in Karlsruhe. Das verfüge über sogenannte "Ozonschränke" - spezielle Maschinen, in denen Kostüme mithilfe von Ozon gereinigt werden. Noch sei völlig offen, welche Methode funktioniert und ob es überhaupt möglich sei, die Textilien wieder rauchfrei zu bekommen, so Dürigen.
Es ist nicht die erste "Kostüm-Krise", die das Theater durchleiden muss. 2012 wurde durch einen Wasserschaden ein Drittel des Bestands vernichtet. Mehr als zehn Jahre habe es gedauert, bis der Fundus wieder vollständig war, erzählt Uwe Dürigen.
So lange soll es in diesem Fall nicht dauern. Der Verwaltungschef hofft, dass schnell eine Lösung gefunden wird. Sollte die Rettungsaktion nicht gelingen, seien einige Produktionen akut gefährdet. Im Notfall müsste man dazukaufen, von anderen Theatern ausleihen oder irgendwie improvisieren. Auf jeden Fall gelte, so Dürigen: "Der Schaden ist erheblich."